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Kritik: Betrayer

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Die Schwarz/Weiß-Zeit des Kinos ist schon lange vorbei, aber als Stilmittel ist die alte Filmart nach wie vor beliebt: S/W wirkt anspruchsvoll und künstlerisch – das empfinden Regisseure und Publikum spätestens so, seitdem Steven Spielberg mit seinem Holocaust-Drama "Schindlers Liste" 1993 die Technik zum ersten Mal im ganz großen Stil wiederbelebt hat.

 

Inzwischen ist S/W auch im Reich der Videospiele angekommen: So bringt Blackpowder Games sein Action- und Grusel-Spektakel "Betrayer" in stilvoller Monochrom-Färbung – wenn hier der Wind durch die Äste und Gräser der menschenverlassenen Umgebung heult, dann wiegt sich das Gemüse in fein aufeinander abgestimmten Grau-Schattierungen. Einzige Ausnahme: Knackige Rot-Töne bei Feinden, Effekten und Pixelblut. Wer will, der darf das Abenteuer Menü-seitig auf "in Farbe und bunt" umstellen – aber damit würde er "Betrayer" des einzigen Alleinstellungsmerkmals berauben, durch den der sonst chronisch ziellose und verzettelte Titel zu glänzen weiß.

 

Dabei macht der monochrome Gernegroß-Indie anfangs noch eine Menge her: Nach der Landung an einer nicht näher benannten Küste zu Amerikas früher Kolonialzeit vermitteln stilsicheres Schwarz/Weiß, minimalistische Sound-Drohkulisse und zombifizierte Spanier noch das verheißungsvolle Ambiente eines echten Grusel-Hits. Die monströsen Gegenspieler werden mit Bogen oder Tomahawk gefällt – vorsichtiges Anpirschen durchs hohe Gras (möglichst gegen die Windrichtung) erleichtert die kurzen Scharmützel zwar, ist aber nicht zwingend notwendig.

 

 

Die Geschichte um die mysteriöse Spuk-Heimsuchung des Küstenstreifens und eine junge, in eine rote Kutte gehüllte Dame muss sich der Spieler in dem Ego-Shooter-artigen Horror-Adventure selber zusammenbauen: In einem verlassenen Fort der Briten verbergen sich verweste Organe (Auge, Ohren, Zunge), mit deren Hilfe der übernatürliche Ermittler die Geisterwelt kontaktiert und ihren Phänomenen auf die Schliche kommt. Ab sofort werden schemenhafte Phantome zu Missions-Gebern und gruselige Geräusche zum Sound-Kompass für das Aufspüren verborgener Hinweise.

 

Dumm nur, dass Blackpowder Games es nicht versteht, die interessanten Elemente zu einer motivierenden Schauermär zusammenzufügen: Die ewig gleichen Kulissen, Gegner und Design-Versatzstücke werden zu einem rund achtstündigen Spiel aufgebläht, das nach spätestens zwei Stunden nur noch gepflegte Langweile verströmt – vielleicht um den mit 20 Euro unverhältnismäßig hohen Preis des Donwload-Spielchens zu rechtfertigen. Obwohl das "Finde selber heraus, worum es geht!"-Konzept gerade für gestandene Profi-Gamer seinen Reiz hat, ist die teils all zu sparsame und langatmige Aufbereitung des Abenteuers schwerlich Motivation genug, um jedem Geheimnis auf die Schliche kommen zu wollen. So richtig gepatzt haben die Entwickler aber bei der konfusen Menü-Führung, die sich nicht so recht entscheiden kann, ob sie am liebsten mit dem Joypad oder der Maus bedient werden will: Hier werden simple Aktionen wie Ausrüsten und Options-Feintuning zu einem ganz eigenen Abenteuer. (5 von 10 / "ausreichend")

 

Blackpowder Games • ab sofort für PC (nur per Steam) • ca. 20 Euro • für Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär


Kritik: LEGO – The Hobbit

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Anders als beim zeitgleich veröffentlichten "LEGO Movie Videogame" zum klotzigen Kino-Erfolg gehen die britischen Baustein-Virtualisierer von Traveller's Tales für die LEGOfizierung von Peter Jacksons "Hobbit"-Film den klassischen Weg: Alle Elemente, für die der dänische Spielzeughersteller real existierende Mini-Figuren und Spielsets bereithält, bestehen in Spielzeug-Mittelerde aus den bekannten Bausteinen – darunter die meisten Accessoires, Tiere und Objekte, mit denen Bilbo, Gandalf, Torin & Co. interagieren dürfen. Die restliche Fantasy-Welt ist wie die Sorte fotorealistisches Modell gehalten, die Fans der Bauklötzchen auf den Spielzeugverpackungen bewundern: Dort stehen Spiel-Sets wie "Die Höhle des Goblin-Königs", "Die Ankunft von Gandalf" oder "Der Angriff der Wargs" fast immer vor Foto-Montagen, Render-Hintergründen oder Tabletop-artigen Modell-Elementen. Diese bekannte Kombination kommt einmal mehr der Stimmung des Titels zugute: Weil die LEGO-Versionen der bekannten Filmfiguren vor dieser gelungenen Kulissen-Kombination chargieren dürfen, bleibt Ihr reduziertes Minenspiel glaubwürdig und die Atmosphäre der Vorlage intakt – aller Verniedlichungen und Veralberungen zum Trotz.

 

In Sachen Humor und Story-Interpretation entfernt sich der Entwickler allerdings weiter von der Kino-Vorlage als noch bei der LEGO-Version der "Herr der Ringe"-Trilogie – eine erzählerische Freizügigkeit, die sich auszahlt: Während der Kampf um Mittelerde dermaßen sklavisch dem Original folgte, dass Satire und Überraschungsfaktor gen Null tendierten, da nimmt sich der "Hobbit" die Freiheit heraus, nicht nur den Regeln von Tolkien und Peter Jackson, sondern vor allem denen der Spiel-Designer zu folgen. Das Resultat ist nicht nur eines der bisher besten LEGO-Spiele, sondern gleichzeitig die bis dato Versoftung von Mittelerde. Die setzt einige Momente des Vorbilds grandios um, fügt dem Stoff aber auch neue Facetten hinzu, indem sie Story-Lücken der Filmhandlung geschickt schließt: Torin und seine Zwergenbrüder erleben die Eroberung der Zwergenstadt durch den Drachen Smaug so detailliert wie nie, Bilbo sucht bei der nächtlichen Rast nach Leckerli für die Ponys – selbst der Kampf gegen den Weißen Ork vor den Minen Morias ist ausführlicher denn je.

 

 

Spielerisch hält man sich weitgehend an die durch andere LEGO-Games etablierten Spiel-Mechanismen, ist aber auch um interessante Neuerungen nicht verlegen: Mit fast jedem Spielkapitel gewinnt man neue Charaktere hinzu, die durch spezielle Waffen oder individuelle Fertigkeiten glänzen und nach dem Pulverisieren von LEGO-Strukturen neue bauen. Zwerge, Hobbits & Co. beherrschen neuerdings auch die Kunst des 'Craftings': Im Spielverlauf gesammelte Ressourcen wie Erze, Edelsteine und Holz werden in Schmieden und an Werkbänken zu Quest-Objekten kombiniert – entweder um die Handlung voranzubringen oder Nebenmissionen zu erledigen. Und wer beim ersten Spielen einer Mission "noch nicht alle beisammen hat", der versucht es später noch einmal: Jedes Kapitel darf beliebig oft und zu jeder Zeit neu gestartet werden, um ihm auch die letzten Geheimnisse, Schätze und Bonus-Charaktere abzuringen. Auch das Bauen streng nach Plan wie in "LEGO Movie" kann die Gemeinschaft von Torin Eichenschild: In den Konstruktionen hervorgehobene Bauteile müssen erkannt und auf einer Auswahl von Elementen markiert werden – erst dann darf weiter gebastelt werden. Je schneller man erkennt und markiert, desto höher die Punkteausbeute.

 

Und wenn auch das nichts nützt, dann wird wie gewohnt zur Waffe gegriffen: Die Zwerge schwingen Äxte, Hämmer und Schwerter, Gandalf feuert Blitze aus seinem Zauberstab und Bilbo wehrt sich mit dem Spazierstock. Auch Hiebe mit besonders viel Schmackes gehören zum Repertoire: Angriffstaste gedrückt halten und erst bei voller Ladung loslassen – das macht ganz besonders viel Aua. Und ist einer von gleich mehreren Indizien dafür, dass Traveller's Tales den Action-Anteil spürbar erhöht hat – sogar zünftige Masschenschlachten gegen hunderte von Orks und Trollen fährt man auf. Da die LEGO-Figürchen nach ihrem 'Ableben' immer nur für einige Momente von der Bildfläche verschwinden, sind die Gefechte zwar eher Spannungselement denn echte Herausforderung – aber mächtig Laune macht das filigran gezeichnete Gewusel allemal.

 

Obwohl Traveller's Tales die bekannte LEGO-Formel einmal mehr beibehalten hat, holt man mit dem "Hobbit" noch mal das letzte aus ihr raus: Ähnlich prachtvoll, groß und abwechslungsreich ist bisher kein anderer Titel im Lizenz-Kosmos der dänischen Bauklötze. Trotzdem: Langsam aber sicher sollte man sich bei Traveller's Tales mit dem Gedanken anfreunden, der LEGO-Logik so bald wie möglich eine Generalüberholung zu verpassen. Noch ist die Luft nicht raus – aber bald. (8 von 10 / "gut")

 

Traveller's Tales und Warner Int. • ab sofort Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, WiiU und PC • ca. 30 Euro (PC), 40 Euro (Xbox 360, PS3, WiiU) bzw. 50 Euro (Xbox One, PS4) • ab 6 Jahren • für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Ankündigung: Skylanders Trap Team

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"Skylanders" von Toys for Bob ist mit inzwischen drei Produkt-Inkarnationen ("Skylanders", "Skylanders Giants, "Skylanders Swap Force") und 175 Mio. verkauften Figuren bzw. einem Gesamtumsatz von über zwei Milliarden Dollar Activisions zweiterfolgreichste Spiele-Marke – direkt hinter "Call of Duty". Wichtiger als das Spiel selber sind für den Konzern und große Handelsketten wie Saturn oder Media Markt die Action-Figuren, weil sie auch über Monate nach dem Verkaufsstart eines neuen "Skylanders" für kontinuierlichen Umsatz sorgen. Nicht ganz so begeistert sind davon kleine Independent-Läden: Denen fehlt für ein umfassendes Figuren-Sortiment schlicht und ergreifend der Platz – und ohne die Kerlchen verkaufen sie in diesem speziellen Fall auch keine Spiele. 

 

Trotzdem ist das Konzept für den Hersteller selber so erfolgreich, dass sich inzwischen auch Mitbewerber an ähnlichen Produkten versuchen: "Infinity" von Disney schlägt in die selbe Kerbe und lässt statt eigens für das Spiel gestalteter Figuren Charaktere aus prominenten Kino-Erfolgen des Konzerns aufmarschieren. Obwohl "Infinity" nicht so erfolgreich ist wie "Skylanders", sieht sich Activision jetzt mehr denn je unter Zugzwang gesetzt: Jährliche "Skylanders"-Updates sollen die Marke lebendig halten und dafür sorgen, dass die Plastik-Armee munter weitermarschiert.  

 

 

Den jüngsten Ableger der Erfolgsreihe durften wir gestern auf einer Präsentation in München begutachten: "Skylanders Trap Team" folgt dem bewährten Konzept der Serie, funktioniert außer auf Next-Gen-Plattformen auch auf Xbox 360, PS3 und sogar der alten Wii. Auch eine ganze Reihe frischer Figuren hat man wieder im Gepäck: Neben neuen sowie bekannten, aber neu aufgelegten Core-Figuren warten die überproportionierten "Trap Masters" auf ihren Einsatz. Die sind etwa so groß wie die aus Teil 2 bekannten "Giants", ähnlich schlagkräftig – und als besonderen Gimmick tragen sie Waffen und Schilde aus "Traptanium"-Kristall auf. Einige besonders wuchtige Exemplare wie ein mächtiger Streithammer sind von den Figuren gelöst und dienen als magische Gefängnisse für die rund 40 Bosse von "Trap Team": Dafür werden die Traptanium-Waffen zunächst in eine spezielle Apparatur gesteckt, die zum neuen "Skylanders"-Portal gehört. Hat man den Fiesling erstmal 'im Sack', dann tönt seine Stimme auf einmal aus der Gefängnis-Apparatur im Portal – denn neben der bekannten 'Beam'-Technik hat Activision diesmal auch einen Lautsprecher verbaut. Aus dem dringen dann die wüsten Flüche und Beschimpfungen des einstigen Endgegners – denn er ist mit seiner Gefangenschaft so gar nicht einverstanden!

 

Neben den Figuren selber wurde auch das Design des Portals weiter aufgemotzt: Anstatt des üblichen Brunnens gibt's diesmal einen transparenten 'Energie-Ring' zu bestaunen, der aus dem Traptanium-Gefängnis heraus und durch magische Klammern hindurch im Kreis um die Figur 'herumfließt'.

 

Trap Team – Bildergalerien

Kolumne: Shades of Difficulty

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Oder: Nur die Harten kommen in den Garten

OBEN: "Dark Souls" bzw. "Dark Souls 2" haben bockschwere Spiele wieder salonfähig gemacht. UNTEN: Auch der deutsche Entwickler Deck 13 setzt mit seinem Next-Gen-RPG "Lords of the Fallen" auf "Härter als die Polizei erlaubt. In seinem neuen 'Challenge'-Trailer bewirbt man das prachtvolle Scharmützel mit dem Verslein "Every victory is born from defeat".

 

Wie haben Sie Ihr Brot am liebsten? Weich und labberig oder so hart, dass Ihnen beim Reinbeißen die Vorderzähne ausfallen? Sind Sie mehr der Schlabber-Toast- oder der Vollkorn-Knäcke-Typ? Hören Sie auf der Autobahn lieber Kuschel-Rock oder Death-Metal á la "Bolt Thrower"? Der sich so richtig schön zäh in die Gehörgänge sägt und dann das Gehirn verflüssigt. Und wo wir schon mal dabei sind: Wie halten Sie es mit dem Liebesspiel? Schmusen und behutsames Fummeln bei Kerzenschein – oder doch eher Folter- und Fesselspiele Marke "Shades of Grey"?

 

Wer sein Kreuzchen bei "Vollkorn-Knäcke", "Bolt Thrower" und "Fesselspiele" macht, der spielt vermutlich auch "Dark Souls 2": Der Nachfolger zum beinharten Schlachtfest von Japano-Entwickler "From Software" befeuert dieser Tage einmal mehr die uralte Debatte um den idealen Schwierigkeitsgrad – um den Drahtseilakt zwischen Herausforderung und Motivation, zwischen Frustration und Entertainment. Wie kompliziert soll, darf und vor allem MUSS ein Spiel sein, um entweder möglichst viele Kunden zu erreichen oder zumindest eine ganz bestimmte Zielgruppe?

 

Obwohl diese Frage noch immer polarisiert, gibt es offenkundig eine überraschend große Lobby für den japanischen Exitus-Marathon: Immerhin 2,8 Mio. mal hat sich das Schlachtfest verkauft. Das ist mehr als fünfmal so viel wie From von seiner gesamten "King's Field"-Reihe absetzen konnte – und die galt neben "Armored Core" früher als die "Cash-Cow" des Studios. Eines Studios, das damals nicht wegen seiner hohen Produktqualität überlebt hat (denn die ist tatsächlich eher durchwachsen), sondern weil es mit schöner Konsequenz auf die "Frühchen"-Takitk gesetzt hat. Will heißen: Man veröffentlicht vor allem dann, wenn eine Hardware neu am Markt ist und die Spieler so sehr auf Nachschub versessen sind, dass sie den Früh-Ankömmlingen die erstaunlichsten Verfehlungen nachsehen. Und selbst die offensichtlichsten Bugs als Feature schönreden.

 

Obwohl die Veröffentlichung von "Dark Souls" (2011) nicht auf den Anfang eines Generations-Zyklus fällt, ist seine Erfolgsgeschichte annähernd vergleichbar – denn auch hier setzte man geschickt auf Nische und bediente eine Sparte, in der ein Mangel herrschte – ein Mangel an retrospektiv gepolter Profi-Kost. Auf einmal erscheint der chronische Mangel an Komfort, durch den sich Froms Serie (vermeintlich bewusst) auszeichnet, attraktiv. "Dark Souls" ist plump, archaisch und will Baby-Schrittchen für Baby-Schrittchen erkundet werden. Wer hier überleben möchte, der bewegt sich nur mit vorgehaltenem Schild durch die finsteren Gänge und lugt angstvoll um jede Ecke.

 

Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen? Wie kann es sein, dass sich ein Spiel allein über seinen Schwierigkeitsgrad definiert? Dass aus "Härter als die Spiele-Polizei erlaubt" ein USP, ein 'Unique Selling Point' wird? Üblich ist, dass sich Spiele heute entweder darum bemühen, für möglichst viele potentielle Käufer zugänglich zu sein – oder dass sie zumindest mehrere Schwierigkeitsgrade anbieten. Für jeden Geschmack einen. Luschen fahren bei "Easy" gemütlich spazieren, während die Hartwürste bei abenteuerlichen Einstufungen wie "Ultra Hard" oder "Nightmare" das Pedal durchtreten und sich so fest anschnallen, dass jeder Tropfen Blut aus dem Gehirn weicht. Wäre hier ja sowieso nur hinderlich: Nicht auf den Verstand, sondern den puren, unverfälschten Instinkt kommt es an! Und überhaupt: Wenn es darum geht, vor anderen Zockern zu protzen, dann will niemand zugeben, dass er auf "Warmduscher" spielt. Allerdings ist gepflegtes Luschentum inzwischen auch deutlich schwieriger zu verbergen als früher: Dank Rundum-Vernetzung und Gamerscore bzw. PSN-Trophäen ist es für jeden ein Leichtes, die Aussage des anderen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. "Halo 4? Ja, klar – das habe ich auch auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchgespielt!" "Ach ja, wirklich? Und warum hast Du dann nur den Weichei-Erfolg?"

Auch MMORPGs funktionieren nach diesem Prinzip: Hier trägt jeder Spieler sein Kompetenz-Zeugnis deutlich lesbar vor sich hier. Peter ist "Barbar der 23. Stufe", Martin nur Krieger auf Level 9. Ein MMO ohne diese Klassen- und Punkte-Sticker ist kaum vorstellbar, denn gerade Multiplayer-Spiele leben vom Wettbewerb.

Adventures wiederum definieren ihren Schwierigkeitsgrad häufig nicht über ein Menü, sondern über die schiere Menge an freispielbaren Extras: Landratten setzen ihren Kurs bei "Assassin's Creed 4" geradeaus auf Ziel, echte Seebären dagegen graben auch auf der kleinsten Insel noch nach Schätzen und drehen jede Muschel einzeln um.

 

Aber warum wird unser Spielverhalten eigentlich derart von Erfolgshunger und – pardon – digitalem Penis-Neid bestimmt? Angeblich ist der Grund tief in unserer Psyche verankert: Menschen definieren ein Gros ihrer Selbstwahrnehmung und ihres Selbstwertgefühls über ihre Kompetenz. Darum sind sie regelrecht darauf versessen, "Messlatten" zu finden und ERfinden, mit deren Hilfe sie ihre Fähigkeiten einstufen, kategorisieren und etikettieren können. Und nichts eignet sich so gut dafür wie ein Punktestand, der die Kompetenzen entweder indirekt (z.B. per Gamerscore) oder direkt (in einem Multiplayer-Spiel) miteinander vergleicht. Doch dieser "Vermessungs-Wunsch" hat auch seine Tücken: Nicht jeder Spieler ist gleich gut – und wer die weniger guten permanent frustriert, der riskiert es, sie künftig nicht mehr als Kunden zu begrüßen. So hat Sony bereits zu PS2-Zeiten mit viel Aufwand Studien zum Thema Schwierigkeitsgrad und Durchspiel-Verhalten betrieben – mit dem niederschmetternden Ergebnis, dass zumindest damals fast zwei Drittel aller Spiele ungelöst, unverstanden und unergründet geblieben sind. Was viele Spieler heute als Entschärfung und Verweichlichung des Mediums verstehen, das ist eine direkte Folge solcher Studien. Offenbar machen wir wahnsinnig gerne einen auf "Dicke Hose" – doch wir möchten uns dafür nicht sonderlich anstrengen müssen.

 

Aber sind die Spiele von heute denn wirklich einfacher? Gestiegene Produktions-Budgets haben zwar die Notwendigkeit mitgebracht, immer mehr Kunden aus allen möglichen Alters- und Kompetenz-Gruppen anzusprechen, aber sind die Ergebnisse deshalb tatsächlich zu leicht? Ist ein "Call of Duty" eher für Warmduscher gemacht als ein "Doom"? Ein "Skyrim" anspruchsloser als ein "Ultima Underworld" bzw. "Dungeon Master"? Oder ist es nicht viel eher so, dass moderne Spiele einfach ausgereifter und besser ausbalanciert sind? Die frühen "Insert Coin to continue"-Tage haben wir längst hinter uns gelassen (wenn wir das artverwandte Free2Play-Konzept mal außer Acht lassen), und in den Entwicklungs-Studios sitzen längst nicht mehr die autodidaktischen Nerds aus der Ära der Garagen-Entwicklung – stattdessen sind hier speziell für die Spiele-Entwicklung geschulte Profis am Werk, die in der zweiten, dritten oder sogar vierten Generation digitale Welten erschaffen. Dabei können sie auf einen ganz anderen Erfahrungsschatz zurückgreifen als ihre "Ahnen", außerdem müssen sie sich nicht mehr im selben Maße mit technischen Pioniers-Aufgaben herumschlagen. Wer heute ein "Dungeon Master"entwickeln will, der muss nicht erst herausfinden wie er das anstellt. Und er kann dabei auf einen gigantischen Fundus an Referenzen zugreifen. Die verraten ihm, wie man es machen sollte – und wie nicht.

 

Vieles von dem, was wir heute als "leicht" empfinden, das war früher vor allem deshalb "schwer", weil es weniger Komfort geboten hat. Heute werden wir bei "Dungeon Siege 3" und den "Fable"-Spielen von einer goldenen Perlenschnur zum Missionsziel geleitet, bei "Eye of the Beholder" und "Wizardry 6" mussten wir zwecks Orientierung zu Karopapier greifen und Karten kritzeln. Heute verraten uns Online-Tagebücher welche Jobs noch zu erledigen sind und eine Karte, wo es neue gibt – früher mussten wir die Missionsgeber mühsam selber aufspüren und die Auftragsdetails in ein ECHTES Notizbuch schreiben. Bei "Eye of the Beholder 3" z.B. war der Bossgegner dermaßen hart, dass wir unsere Charaktere per Editor frisiert haben, um ihn zu besiegen – das Kunststück auf "ehrlichem" Wege zu schaffen, das grenzte an eine Lebensaufgabe. Spieler waren also von Natur aus dichter am Spiel als es der durchschnittliche Konsument heute ist – haben frisiert, mit Mogel-Modulen für Doping-Affären gesorgt und betrogen, dass sich die Pixelbalken biegen . Denn die Designer haben oft nicht für, sondern gegen den Spieler gearbeitet. Manchmal mit Absicht, aber viel öfter aus purer Unwissenheit: Usability-Tests waren ebenso selten wie vergleichbare Erfahrungswerte.

 

Ein "Dark Souls" funktioniert also deshalb so gut, weil es eine Remineszenz an diese Zeit ist und in unserer Erinnerung Bilder heraufbeschwört, die uns heute erstrebenswerter erscheinen als sie es eigentlich waren. Das ist ungefähr so, als würde man über 20 Jahre hinweg mit der selben alten Rostlaube zur Arbeit fahren – doch hat man sie erstmal gegen einen neuen Wagen mit massig Schnickschnack und Komfort getauscht, dann vermisst man sie auf einmal. Scharten, Narben und Frust prägen uns alltägliches Leben stärker als positive Erfahrungen – und sie zu überstehen, das macht uns erst zu dem, was wir sind. Darum bleiben sie uns meist auch länger im Gedächtnis – und werden mit der Zeit auf eigentümliche Weise positiv gefärbt. Ein Trick unseres Verstandes übrigens, der sich nicht ständig mit negativ besetzten Gefühlen rumärgern möchte – er ist nämlich genauso faul wie wir. So wird aus dem "ARGH!!!!!" beim Endgegner-Gefecht von 1994 in 2014 ein reumütig geseufztes "AAAAAAH". Besonders logisch ist das nicht – aber zutiefst menschlich. Und derart betrachtet ist ein "Dark Souls" vermutlich das menschlichste Spiel der letzten Jahre – und gerade deshalb so erfolgreich. Doch in Wahrheit betrügt es uns dabei auf grandiose Weise: "Schwierig" – das bedeutet hier in Wahrheit nämlich "viel Fleißarbeit". From zitiert die Spiele von früher geschickt, aber es stellt sie nicht wirklich nach. Es tut nur so. Und wir können uns wieder mal ein bisschen "potenter" fühlen, wenn wir es bezwungen haben.

 

Doch wünschen wir uns deshalb allen Ernstes, dass in naher Zukunft alle anderen Spiele einen ähnlichen Weg einschlagen? Ganz sicher nicht – denn knallhart erscheinen kann uns ein Spiel wie "Dark Souls" nur dann, wenn die anderen einfacher sind. Ohne Kontraste geht die Rechnung nicht auf. Und ganz schön nerven würde es außerdem.

Kritik: Monument Valley

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Die brillant verdrehten Motive und optischen Täuschungen des niederländischen Malers M. C. Escher (1898 bis 1972) sind nicht nur weltbekannt – sie haben auch ganze Heerscharen von anderen Künstlern beeinflusst. So schickte Jim Henson für seine Fantasy-Klamotte "Reise ins Labyrinth" 1986 Pop-Ikone David Bowie durch ein magisches Treppenlabyrinth á la Escher (u.a. kopfüber) – und selbst in der Spiele-Landschaft zeigt sich der Einfluss des Holländers: In "Echochrome" für PS3 und PSP durchquert ein Holz-Mannequin eine knobelige Landschaft, in der eine Veränderung des Blickwinkels eigentlich voneinander entfernte Elemente optisch näher zueinander rückt und dadurch auch im Spiel funktionierende Brücken bildet.

 

In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt jetzt "Monument Valley" von "Whale Trail"-Entwickler Ustwo: Eine kleine Prinzessin tippelt auf Tap-Kommando durch isometrische Burgen, Verliese und Knobel-Gebilde, in denen perspektivische Spielereien neue Wege neue Wege eröffnen können – denn sobald sich zwei Elemente auch nur scheinbar berühren (d.h. weil der Blickwinkel die Verbindung vorgaukelt), kann Prinzesslein von einem aufs andere wechseln. Zusammen mit einem Sammelsurium aus Drehreglern und verschiebbaren Elementen ergibt sich dadurch eine labyrinthische Tüftelei, die zwar nie unmenschlich schwer wird, aber trotzdem Konzentration und Geduld erfordert. "Gegner" wie lauthals kreischende Krähenmenschen greifen zwar nicht an, blockieren aber den Laufweg der putzigen Heldin, wollen geschickt ausmanövriert und für das Betätigen sonst unerreichbarer Schalter manipuliert werden. Ein klotziger Totempfahl wiederum hilft zeitweise dabei, Höhenunterschiede zu überwinden und kann auch getrennt von der Prinzessin über die luftig Kurse manövriert werden – wie ein eigener Spieler-Charakter.

Aber die geometrisch kunstvoll arrangierten Szenarien halten noch mehr Extras bereit: Hin und wieder darf man nicht nur einzelne Elemente des Levels, sondern gleich das komplette 3D-Arrangement drehen. Dann verliert man das kleine Konterfei kurzzeitig aus den Augen oder es geht buchstäblich die Wände hoch.

 

Wer die wunderschön illustrierten 3D-Schauplätze aus "Monument Valley" nicht in erster Linie als spielerische Herausforderung, sondern als kunstvoll arrangierte Experimentier-Gelegenheiten versteht, den wird Ustwos iOS-Kleinod unweigerlich verzaubern – auch wenn es all zu schnell vorbei ist. (8 von 10 / "gut")

 

Ustwo • ab sofort für iPhone, iPod Touch, iPad • ca. vier Euro • ab 6 Jahren • für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis

Kritik: Child of Light

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Ubisofts Entwicklungs-Umgebung "UbiArt Framework" hat aktuell Hochkonjunktur: Die ursprünglich für "Rayman Origins" entwickelte Engine fand außerdem für "Rayman Legends" Verwendung, später in diesem Jahr soll mit ihrer Hilfe eine Neu-Inkarnation von "Prince of Persia" folgen. Die Stärken Tool-Sets: Komfortables Handling und maximale Freiheit bei der Verwirklichung fast jeder Art von 2D-Abenteuer durch ein kleines Entwickler-Team. Kompetenzen, die jetzt auch "Child of Light" zugute kommen: Das märchenhafte Horizontal-Rollenspiel ist das Herzensprojekt einer kleinen Schar von ehemaligen "FarCry 3"-Entwicklern und erscheint in erster Linie als Download – Sammler bekommen allerdings für attraktive 19,95 die Deluxe-Edition in der Box, Artbook inklusive.

 

Künstlerisch bemüht das mit wundervollen Aquarell-Hintergründen veredelte Action-Rollenspiel einen Mix aus frankobelgischem Comic-Look, Yoshitako Amano ("Final Fantasy") und Studio Ghibli. Während Umgebung, Monster und die meisten Charaktere aus ineinander verschobenen Illustrationen zu digitalem Leben erweckt werden, ist Heldin Aurora ein 3D-Figürchen, das man mit Hilfe von Cel-Shading-Technik an den Zeichentrick-Look des Rollenspiels angepasst hat. Spielerisch bemüht das engagierte Kleinst-Team von Ubisoft einen hochprozentigen Cocktail aus "Valkyrie Profile"-artiger Horizontal-Action, seichten Jump'n'Run-Aktionen und "Final Fantasy"-verwandten Rundenkämpfen: Kollidiert das Fantasy-Prinzesslein mit einem der monströsen Spielwelt-Bewohner, dann wechselt "Child of Light" in einen speziellen Kampfbildschirm, bei dem man per Menü Zauber, Sezialfertigkeiten und normale Attacken auslöst. Wann Aurora, ihr jeweiliger Mitstreiter oder die bizarren Gegenspieler an der Reihe sind, verrät ein Aktionsbalken: Je nachdem, wann das Symbol für den jeweiligen Kombatanten die Vorbereitungs- bzw. die Auslöse-Markierung passiert, landet er den entscheidenden Treffer vor oder nach der feindlichen Aktion.

Wer den Kampf übersteht, wird Genre-typisch mir Erfahrungspunkten und Stufenaufstiegen belohnt, um seine Figur per Fertigkeiten-Flussdiagramm auszubauen und zu individualisieren

 

 

Erzählerisch bedient sich das Entwickler-Team für sein in Reimen gedichtetes Interaktiv-Märchen bei mexikanischen und spanischen Gespenstergeschichten, auch die Erzählung der kleinen Ofelia aus Guillermo del Torros "Pans Labyrinth" stand Pate: Die Prinzessin einer übernatürlichen Feenwelt versucht aus unserer drögen Realität zurück in das Märchenreich ihres Vaters zu finden – doch ihre Reise endet in Tod und Agonie. Und zwar in genau dem Augenblick, an dem sie in der bizarren Traumwelt aus "Child of Light" erwacht. Zusammen mit einem freundlichen Irrlicht will Aurora ins Reich der Lebenden und zu ihrem verzweifelten Vater zurückfinden. Während die kleine Heldin läuft, springt, Objekte verschiebt und später sogar mit Feen-Flügeln durch die Levels flattert (alles per linkem Analogstick), folgt ihr das brave Lichtlein automatisch auf Schritt und Tritt – und zwar bis zu dem Moment, an dem der Spieler mit dem rechten Steuerknüppel seine Kontrolle übernimmt. Weil die kleine Sphäre keinen festen Körper besitzt, darf sie sie durch für Aurora unpassierbare Ritzen und Wände schweben, um die dahinter verborgenen Schätze einzusacken. Auch im Kampf erfüllt das putzige Kerlchen einen guten Zweck: Selbst während der Pausen in den Aktionsmenüs darf das Irrlicht durch den Kampfbildschirm zischen, um Regenerationssphären von Pflanzen zu schütteln. Auf diese Weise kann es seinen Gefährten unter die Arme greifen, denn die ersparen sich auf diese Weise den Einsatz kostbarer Aktionen, die sie sonst für das Einwerfen von Heiltränken benötigen würden.

 

Obwohl "Child of Light" im Grunde nur altbekannte Rollenspiel-Regeln und -Klischees zitiert, sind die kunstvolle Präsentation und die einfühlsam in Versform erzählte Geschichte Alleinstellungsmerkmal genug, um sich auf angenehme Weise vom Rest der Rollenspielwelt abzuheben. Die anfangs all zu leichten Kämpfe ziehen im späteren Spielverlauf ordentlich an: Ohne clevere Taktik gehr hier gar nichts mehr. Den einzigen Rüffel muss sich das auf Indie getrimmte Rollenspiel allein beim Level-Design gefallen lassen: Die Traumwelt ist zwar wunderschön gezeichnet und animiert, doch auf spielerischer Seite fehlt es ihr an Abwechslung und Interaktionsmöglichkeiten.

(8 von 10 / "gut")

Ubisoft Montreal • ab 30. April für Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, WiiU und PC • ca. 20 Euro • ab 6 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Mario Golf World Tour

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1999 gehörte "Mario Golf" für Nintendos Modulkonsole 'N64' zu den ersten Spielen rund um die Klempner-Crew, die mit 3D-Grafik realisiert wurden. Ebenfalls 1999 folgte eine klassische 2D-Version für den Gameboy Color, fünf Jahre später die Fortsetzung "Mario Golf: Advance Tour" – aber dann wurde es ruhig um den Golfclub des Jump'n'Run-Clans. Erst jetzt – satte zehn Jahre später – wagen sich Mario, Luigi, Yoshi, Bowser & Co. wieder aufs Grün. Und Überraschung: Sie haben nichts verlernt! Viel eher sind der rote Hosenmatz und seine Freunde zu echten Profigolfern geworden: Anders als das "Mario-Etikett" vermuten lässt, liefert der Hersteller hier eine lupenreine Golf-Simulation ab. Die birgt zwar noch immer einen Hauch von Arcade- und Instant-Abschlag für die schnelle Runde zwischendurch – doch gerade Einsteigern und bisherigen Golf-Verweigerern werden so viele Fachbegriffe und Spielfaktoren um die Ohren gehauen, dass ihnen der Kopf schwirrt. Welchen Schläger benutze ich in welcher Situation? Wie beeinflussen Untergrund, Gefälle und Wind die Flugrichtung? Wie schneide ich den Ball beim Schlag richtig an? Wie spiele ich die Schwächen des Gegners richtig gegen ihn aus?

 

Wer will, der kann bei einer schnellen Partie in die Schühchen der Mario-Promis schlüpfen: In diesem 'schnellen' Spiel muss er sich einzig darum kümmern, dass er die Schlagrichtung richtig ausspielt bzw. beim Abschlagsmeter das beste Timing abpasst. Doch so richtig interessant wird "Mario Golf: World Tour" erst im 'Palast Club': Dieser elitäre Golfer-Verein wird von Marios Pilz-behuteten Kumpels geführt und beherbergt neben umfassenden Trainingsmöglichkeiten noch einen Laden mit Golfer-Zubehör – für das ausgiebige Verprassen der in Turnieren erspielten Ingame-Währung. Die durch den luxuriös eingerichteten Club schwadronierenden Mitglieder (Schildkröten, Gumbas, Pilzköpfe & Co.) versorgen den angehenden Golfmeister zwar großzügig mit Tipps – doch ohne grundlegendes Know-How ist das von Fach-Vokabular durchsetzte Gebrabbel der Profis nur bedingt verständlich. Im Hauptmenü lädt der kleine Toad zwar großzügig in sein ganz persönliches Tutorial- und Erklärbär-Domizil, doch für Neulinge sind die Lektionen des knuffigen Lehrers trotzdem ganz schön anstrengend.

 

 

Während der ungewöhnlich professionelle Anspruch des Mario-Ablegers in die Kategorie 'Geschmacksache' fällt, so enttäuscht der Klempner seine Fans doch leider durch einen chronischen Mangel von der Sorte 'Drumherum', der die Serie sonst auszeichnet: Figürchen, Animationen und Kurs-Design wirken routiniert, die Musik plätschert unauffällig vor sich hin – von Mario ist man gerade in diesen Disziplinen weniger Sterilität gewöhnt. Wirklich ärgerlich ist allerdings, dass die Turnier-Karriere im Palast-Club nur mit dem Mii, und keinem Nintendo-Promi bestritten werden kann – denn als Sympathie-Träger taugen die auf wenige geometrische Figuren reduzierten Avatare vor der fein gezeichneten Mario-Kulisse nur bedingt.

 

Doch trotz dieser Defizite ist das neue "Mario Golf" der beste Genre-Vertreter seit Jahren: Dank seiner vorbildlichen Steuerung und der komfortablen Symbiose aus Profi- bzw. Amateur-Gebolze ist der Abschlag auf Nintendos Palast-Grün erste Wahl. Und wer möchte, der darf ihn außerdem erweitern: In Toads Hütte gibt's gegen Echtgeld neue Kurse und Charaktere. (7.5 von 10 / "gut")

 

Nintendo • ab dem 02. Mai für 3DS • ca. 40 Euro • ab 0 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Bound by Flame

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Früher gehörten Rollenspiele nicht unbedingt zu den ersten Games, die für eine neue Konsolengeneration erschienen sind. Doch mit der zunehmenden Verwestlichung des Videospielmarktes, der Annäherung an den PC-Kosmos und der Etablierung genormter Multiformat-Entwicklungs-Tools hat sich auch hier einiges geändert. Kurzum: Jetzt erscheinen interessante Spiele aus allen Genres… zu jeder Zeit. Diesem Umstand haben es Rollenspieler mit Echtzeit-Faible zu verdanken, dass schon jetzt der erste RPG-Output für PS4 und Xbox One auf dem Plan erscheint: "Bound by Flame" vom französischen Entwickler Spider stammt vom selben Team, das ursprünglich für Monte Cristo das Action-RPG "Silverfall" gestemmt hat.

Mit "Bound by Flame" liefert man jetzt zum ersten Mal eine eigene Marke ab – ohne sich allerdings wieder den aus "Silverfall" bekannten, 'diablo'esken' Totklick-Mechanismen anzunähern. Statdessen gibt's Dresche nach Brawler-Art: Held Vulcan und seine Söldner-Kollegen von den 'Freien Klingen' teilen Hiebe in zwei unterschiedlichen Stärken aus – wobei sich die muskelbepackten Hünen bei dem härteren und trägeren der beiden Manöver um ihre eigene Achse drehen, um ordentlich Schwung für einen besonders fiesen Hieb zu bekommen.

Spezialmanöver im klassischem Beat'em-Up-Sinne gibt's zwar keine, aber die Parallelen zum 'Auf die Fresse'-Genre sind trotzdem unübersehbar: Verketten die Kämpen mehrere Angriffe miteinander, dann macht's umso mehr AUA – und das per Schultertaste jederzeit erreichbare 'Taktik-Menü' birgt jede Menge zusätzliche 'Weh-tu-Optionen'. Darunter z.B. die Armbrust (zuverlässig, so lange der Bolzen-Vorrat reicht) oder der Wechsel von einem Kampfstil zum nächsten.

 

Als 'Krieger' schwingt Alter Ego Vulcan einen mächtigen Bihänder, den er mit viel Schmackes im fauligen Fleisch der untoten Gegner versenkt – außerdem darf er die Manöver-Taste benutzen, um den zombifizierten 'Totwandlern' und ihren dämonischen Herren mit Anlauf in die Visage zu treten. Oder in die Magengrube. Oder gegen das Schienbein. Je nachdem, was gerade in Tritthöhe liegt. Nun haben Untote zwar kein besonders aktives Schmerzzentrum, aber immerhin bringt sie ein beherzter Kick ordentlich ins Wanken. Darum eignet sich dieses Manöver auch besonders gut für solche Verwesungs-Fritzen, die ihre madenzerfressene Fressluke hinter einem Schild verbergen, damit ihnen unsere Klinge nicht ins Gammelfleisch säbelt. Der Tritt bringt die Ekelpakete aus dem Gleichgewicht – und in dem Moment, in dem sich in ihrer Deckung eine klaffende Lücke öffnet, schlägt man ihnen noch eine schöne, große Hasenscharte!

 

Die Dolchhiebe und -Stiche des Waldläufers tun vielleicht nicht ganz so weh wie die Zerteilung per Zweihänder – doch dafür sind sie umso flinker. Während der Held mit der leichten Attacke blitzschnell zusticht, wird aus dem schweren Angriff ein wahrer 'Kreisel des Todes'. Der Manöver-Button wiederum lässt Vulcan im 'Ranger-Modus' einen flotten Ausweich-Schritt nach hinten machen. Wer mit diesem Kommando bis zu letzten Moment wartet (also bis kurz vor dem gegnerischen Treffer), der verlangsamt dadurch für einige Augenblicke die Zeit – die perfekte Gelegenheit, um dem Widersacher einen Dolch in die knochige Flanke zu pieken. Das geht übrigens auch hinterrücks: Als Waldläufer darf sich das Konterfei durch einen Druck auf den rechten Analogstick tarnen, um dann solche Feinde unbemerkt zu überrumpeln, die ihm den Rücken zuwenden. Ein derartiges 'Heimlich-Manöver' raubt dem Ziel zwar nicht zwangsläufig ALLE Lebenspunkte, aber wirklich fit ist es danach nicht mehr.

 

 

Und wer möchte, dass seine Opfer (ob nun von hinten oder vorne attackiert) bereits bei der ersten Berührung mit der Klinge kraftlos in sich zusammenfallen, der investiert rechtzeitig Mühe und vor allem Punkte in die unterschiedlichen Stationen des Fähigkeiten-Baums. Denn wie es sich für einen Rollenspiel-Streiter aus echtem Schrot und Korn gehört, erklimmt Vulcan regelmäßig eine neuen Sprosse (sprich Stufe) auf der Karriereleiter und darf dann daran arbeiten, seine Fertigkeiten auszubauen bzw. seinen Kampfstil zu individualisieren. Denn alle Manöver sind einer von mehreren Kategorien zugeordnet: Die Skills von Waldläufer, Krieger und den magischen Kategorien dürfen zwar parallel entwickelt werden, haben aber keinerlei Berührungspunkte untereinander.

 

Außerdem bekommt Vulcan regelmäßig neue Fertigkeiten-Optionen dazu: Der Kampf gegen die untoten Horden der 'Eisfürsten' macht den Söldner zum Zeugen eines magischen Rituals, das eine Gruppe Priester zelebriert, um die unterkühlten Herren der Zombiehorden in ihre Schranken zu verweisen. Doch weil die Zeremonie durch eine Attacke unterbrochen wird, geht sie gehörig daneben – und statt der Tochter des Oberpriesters bekommt Söldnerseele Vulcan die volle Dosis Übernatürliches ab. Ein machtvoller Dämon nistet sich in der Seele des Kämpfers ein – und der hält nicht nur in der Traumwelt Zwisprache mit seinem 'Wirt', sondern leiht ihm außerdem einen Teil seiner paranormalen Begabung. Anfangs darf Vulcan mit Hilfe des unverhofften Gastes nur Feuerbälle schmeißen und seine Waffe mit magischen Flammen entzünden – doch je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto stärker wird das ungewöhnliche Band, das sie teilen. Aber das 'Zusammenwachsen' der beiden Entitäten macht sich nicht nur spielerisch bemerkbar, auch das Aussehen des Söldners ändert sich – bis zu dem Punkt, an dem er selber zum 'Gehörnten' wird.

 

 

"Bound by Flame" geht in jeder Hinsicht auf Nummer Sicher: Weder Spiel- noch Game-Design verpassen dem Genre neue Impulse, und die geradlinig gestaltete Spielwelt trägt nicht eben dazu bei, um die Immersion der 0815-Fantasy-Geschichte zu steigern. Dass Spiders Hauruck-RPG trotzdem Spaß macht, das ist der unkomplizierten Spielweise und der schnörkellosen Direktheit des Abenteuers zu verdanken: Hier wird nicht lange gefackelt oder erklärt, sondern gleich drauf lös geprügelt – und das mit einem rohen, ursprünglichen Charme, wie man ihn sonst nur aus alten Genre-Filmklamotten á la "Conan", "Hawk – Hüter des magischen Schwertes" oder "Der Zauberbogen" kennt. Wer mit 80er-Jahre-Fantasy aufgewachsen ist, der wird "Bound by Flame" lieben, aber auch jüngere Stufen-Jäger werden mit dem angenehm unkomplizierten Scharmützel ihre Freude haben. (7.5 von 10 / "gut")

 

Spider / Focus Home Interactive / Deep Silver • ab dem 09. Mai für PC, PS4, Xbox 360, PS3 • ca. 35 (PC), 45 (Xbox 360, PS3) bzw. 55 Euro (PS4  • ab 16 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär


Kritik: Hitman Go

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Bei Square Enix' jüngstem Smartphone/Tablet-Output ist der Name Programm – und das in gleich zweifacher Hinsicht: Der Titel "Hitman Go" spielt nicht nur auf die Mobilität und Unterwegs-Tauglichkeit des griffigen Spielkonzepts an ("to go"), sondern erinnert gleichzeitig an das prominente japanische Brettspiel "Go", mit dem sich im Mittelalter bereits japanische Feldherrn in taktischer Finesse geübt haben.

 

Ganz so strategisch wie der fernöstliche Boardgame-Klassiker ist das Mini-"Hitman" zwar nicht, doch die kosmetischen und spielerischen Parallelen sind kaum zu übersehen: In jeder Mission sind grafisch reduzierte Details wie Büsche, Bäume, Hecken, Mauern oder Swimmingpool (Wasserball inklusive) auf einem dreh- und schwenkbaren Holzbrett angeordnet. Ein durchgehendes Muster wie auf einem klassischen "Go"-Brett fehlt, doch auch die möglichen Marschrouten für den Hitman sind durch feine Linien vorgegeben – und die kreisförmigen Verbindungspunkte erinnern nicht von ungefähr an die Spielsteine des Originals. Denn wie im Brettspiel wird die Figur (in diesem Fall Killer 47) rundenweise von Knoten zu Knoten gezogen, dann sind die Gegner an der Reihe. Der Trick dabei: Wenden feindliche 'Spielsteine' wie Wächter, Gärtner oder andere Bedienstete der eigenen Figur die Vorderseite zu, dann putzen sie den Hitman beim nächsten Zug vom Brett. Sicher ist der Profi-Abmurkser nur, wenn sie ihm die kalte Schulter zeigen bzw. den Rücken zuwenden: Dann darf 47 entweder unbehelligt weiter- oder seinerseits auf das vom Feind besetzte Feld ziehen. Letzterer landet daraufhin wie der Rest der 'Gekillten' auf der Spielsteinhalde neben dem Brett.

 

 

Nach der selbsterklärenden Einführung (bei der alle Feinde brav auf der Stelle verharren), zieht der Schwierigkeitgrad allmählich an: Bonusziele ("Hol den Koffer!", "Töte niemanden!"), Ablenkungsmanöver (Steinchen schmeißen) und bewegliche Feinde bringen den Go-Spieler zunehmend ins Schwitzen – nur die kühlsten Strategen bringen alle Missionen erfolgreich hinter sich.

 

Nicht jeder "Hitman"-Fan wird der Go-Adaption des Action-Spiels etwas abgewinnen können, doch tatsächlich hat Square Enix mit seiner fantasievollen Brettspiel-Variante einen potentiellen Mobile-Klassiker geschaffen: Zugänglich, handlich, heraufordernd, motivierend und perfekt für den ganz kleinen Spielehunger zwischendurch. Der Versuch, das Action- und Schleich-Konzept der Originalserie auf den Touchscreen zu bringen, hätte nie und nimmer so vorbildlich funktioniert. (8,5 von 10 / "sehr gut")

 

Square Enix • ab sofort für iOS • ca. vier Euro • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Kirby Triple Deluxe

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Überraschung: Nicht Nintendos Vorzeige-Hosenmatz Mario oder sein Babypuder-weicher Ableger "Yoshi's Island" sind es in diesem Frühjahr, die dem springfidelen Spiele-Genre ein Feuerwerk aus neuen Ideen bescheren – stattdessen läuft ihr Kollege Kirby diesmal zu ganz besonderer Hochform auf. In „Kirby: Triple Deluxe“ klettert der rosafarbene Aufblas-, Bläh- und Hupf-Knödel über eine magische Ranke in ein zauberhaftes Wolkenreich – und bis zur Endstation wartet auf jeder Etage der wild wuchernden Mega-Ranke eine neue Spielwelt voller knallbunter Levels. Und weil das zauberhafte Monster-Gewächs jede Menge Platz bietet, haben sich dort die unterschiedlichsten Jump‘n‘Run-Kulturen angesiedelt: Magische Wälder mit ihren knuffigen Bewohnern sind hier ebenso untergebracht wie ein knalliger Leckerli-Staat oder eine Felsenlandschaft voller steiniger Super-Karotten.

 

Wie gehabt durchquert der chronisch gut gelaunte Kirby all diese Welten mit einem gigantischen Appetit – Appetit auf Abenteuer und die Bewohner des bizarren Universums: Dank ultrastarker Saugkraft werden die Monsterlein in Kirbys Grinseschlund gesogen und dann auf Knopfdruck sauber verdaut, um in Form einer schnieken Kostümierung wiederaufzuerstehen. Danach wird aus dem wenig wehrhaften Klops auf einmal ein mit Helm und Schwert bewaffneter Rittersknödel, ein pummeliger Bumerangwerfer, ein kleiner Flitzer mit Nashornkäfer-Kappe oder ein anderes Zauberwesen mit nützlichen Kampf- und Spezialfertigkeiten. Derart gerüstet sind die meisten Auseinandersetzungen im Ranken-Traumland für den Helden keine große Herausforderung – zumindest dann nicht, wenn ein halbwegs geübter Jump‘n‘Runner am Schieberegler des 3DS sitzt. Der putzt die meist herzallerliebsten Widersacher mit flotten Hieben oder aufgeladenen Spezialattacken von der Bildfläche – und muss er dabei selber mal einstecken, dann wird er nicht wie die meisten seiner Genre-Kollegen geschrumpft, geköpft oder direkt zum letzten Rücksetzpunkt strafversetzt… stattdessen verliert er nur ein paar Pixel von seiner prall gefüllten Energieleiste.

 

 

Im Zweifelsfall bewahrt ein geschicktes Ausweichmanöver vor Schaden: Kirby hupft den Widersacher einfach aus dem Weg – oder er bläht sich ballonartig auf und schwebt sanft über die Köpfe der Meute hinweg. Auch ein kurzer Ebenen-Wechsel hilft gegen Kopfschmerzen: Kirby reist in den Bildhinter oder -Vordergrund, indem er auf einem goldenen Funkelstern reitet. Häufig geht's nach dem Eben-Wechsel einfach nur geradlinig weiter… aber gelegentlich verbergen sich im Hintergrund weitere Extras oder kann er brenzligen Situationen im Bildvordergrund aus dem Weg gehen. Noch nützlicher: Hier darf der Hüpf-Knödel auch Kanonen beseitigen, die ihn sonst nach seiner Rückkehr nach vorne unter Beschuss genommen hätten.

 

Obwohl sich auch Kirbys neuestes, kuschelweiches Abenteuer vor allem an die kleinsten Hupfer richtet, haben auch jung gebliebene Profi-Jump'n'Runner ihre helle Freude an dem freundlichen Genre-Genossen: Die Tatsache, dass Kirby keine ernstzunehmende Herausforderung bereithält, das tut dem ausgelassenen Knödel-Spaß keinen Abbruch – denn die vielen herrlich absurden und frechen Ideen sind über jeden Schwierigkeitsgrad erhaben. Hinzu kommt eine der bisher besten stereoskopischen Präsentationen für Nintendos Handheld – der 3D-Effekt verleiht all den wunderbar fein gezeichneten Hops- und Zauber-Kreaturen verblüffende Plastizität. (8.5 von 10 / "sehr gut")

 

Nintendo • ab dem 16. Mai für 3DS • ca. 40 Euro • ab 0 Jahren • für Einsteiger und Fortgeschrittene

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Leo's Fortune

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Leo ist nicht nur ein herzallerliebstes Flauschwesen (cooler Schnurrbart und lässiger Brummel-Bariton inklusive), sondern außerdem ein begnadeter Bastler: Sein gemütliches Heim ist ein Kabinett der schrulligen Erfindungen – und weiter hinten in der Höhle lagert hinter einer wuchtigen Tresortür das märchenhafte Vermögen, das sich Leo mit seinen Geniestreichen erarbeitet hat. Doch jetzt sind die Klunker auf einmal weg – und Leo hat keine Ahnung, wer seinen Schatz stibitzt hat. Also folgt er buchstäblich der Spur des Goldes: Die Jump'n'Run-typisch über die Levels verteilten Münzen sollen den plüschigen Helden früher oder später zu Dieb und Schatz führen – zumindest ist das der Plan.

 

Doch tatsächlich muss sich der kleine Erfinder durch so viele tückische Fallen und Hindernisse wurschteln, dass die Wiederbeschaffung seiner Besitztümer an Schwerstarbeit grenzt: Durch sein struppiges Fell hat Leo allerdings die perfekte Bodenhaftung – darum lassen ihn Links- und Rechts-Wischer über die linke Touchscreen-Hälfte nicht nur den Level-Boden, sondern auch die Wände entlang wuseln. Weil aber selbst Leo früher oder später Opfer der Schwerkraft wird, rettet er sich (sobald der von der Decke plumpst oder z.B. einen Abgrund überwinden muss), indem er seinen Kugel-Körper aufbläst. Weniger Gewicht auf mehr Körpervolumen bedeutet zumindest in Leos Welt, dass er danach wie eine Pusteblume sanft über Schluchten oder vorbei an klingenbewehrten Schaufelrädern schwebt. Aber das Aufplustern taugt nicht nur zum Schweben: Viele verborgene Schalter lassen sich nur aktivieren, indem sich der kleine Plüschheld darunter stellt, dann 'los-plustert' und dadurch einen aus der Deck ragenden Stift nach oben schubst.

 

 

Ebenso wie das Pluster-Manöver funktioniert auch der 'Stampfer' über die rechte Touchscreen-Hälfte. Aufwärts wischen: Pusteblume. Abwärts wischen: Leo legt sein komplettes Gewicht in einen kurzen, beherzten Knall auf den Level-Boden, um Hindernisse zu beseitigen oder z.B. Klapp-Mechanisem zu betätigen. Hört sich simpel an, verlangt aber bald nach viel nervenzehrender Präzisionsarbeit: Die Steuerung und Leos ungewöhnliches Verhalten sind bei der Goldsuche die eigentliche Herausforderung, während die Levels selber eher übersichtlich bleiben. Wer ein Händchen für fummelige Controller-Experimente, physikalische Spielereien und bockharte Geduldsspiele hat, der wird die wunderschöne Mixtur aus 3D- und Zeichentrick-Levels lieben. Wer allerdings berechenbare Jump'n'Run-Helden schätzt und sich beim Spielen nicht auf die Steuerung, sondern die Spielwelt konzentrieren möchte, der ist bei Pelzball Leo an der falschen Adresse. (7.0 von 10 / "gut")

 

1337 Game Design • ab sofort für iOS • ca. vier Euro • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Mario Kart 8

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Bergauf. Bergab. Mit Vollgas über die Antigrav-Bahn. Rückwärts. Vorwärts. Seitwärts. Mit weit eingeschlagenem Lenkrad durch die Kurven schlittern, dass die Funken fliegen – und dann den Nachbrenner zünden, dass man mit Karacho über den Parcours brettert. So schnell, dass die Konturen verwischen. Vorbei an Tribünen voller jubelnder Toads. An übergroßen blubbernden Sirupflaschen, die den Kurs in ein zuckersüßes Wunderland verwandeln, während die wilde Raser-Meute gurgelnd durch die zähe Masse prescht und Luftbläschen spuckt, um glänzend und durchnässt auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. Inzwischen zwirbelt sich der Rest der Truppe einen korkenzieherförmigen Hochkurs entlang – direkt über dem Kopf des Spieler-Avatars. Weiter hinten jauchzt Yoshi, als er erst über ein Beschleunigungsfeld, dann über eine Sprungschanze brettert und mit aufgespanntem Fallschirm über den Hubschrauber der Racing-Reporter gleitet, die von dort aus das Rennen aufnehmen.

 

Szenarien wie dieses gibt es im jüngsten "Mario Kart" zuhauf: Für den neuen Output seiner prominenten Rennspiel-Reihe hat Nintendo nichts dem Zufall überlassen, denn Teil 8 ist nicht weniger als das Zünglein an der WiiU-Waage. Oder anders ausgedrückt: Der Raser-Ringelpietz des Klempner-Clans ist die vielleicht letzte Chance für Nintendos bisher glücklose Hardware, um das Ruder herumzureißen.

 

 

Und tatsächlich: Wer bisher noch keinen triftigen Grund gesehen hat, sich die "Konsole mit dem Gamepad" zu kaufen… naja, jetzt hat er einen – denn "Mario Kart 8" hat das Zeug zum System-Seller. Hier verwirklicht der Hersteller endlich all das, wofür die Serie schon lange steht – was bisher aber aufgrund technischer Restriktionen kaum oder zumindest nur stark eingeschränkt möglich war.

Auch abgesehen von der wunderbar fein aufgelösten HD-Grafik, die jedes andere aktuelle Rennspiel (ganz gleich auf welcher Konsole) souverän auf die hinteren Plätze verweist.

"Mario Kart 8" ist nicht weniger als die Summe all dessen, was die Serie bisher als besonders ausgezeichnet hat – und mehr. Es ist das effektgeladene und detailgespickte Testament einer Rennspiel-Reihe, die das Medium Videospiel zwar nachhaltig geprägt hat, dabei aber immer wieder hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurückbleiben musste – und das nicht zuletzt deshalb, weil es ihr auf einer Wii und Handheld-Systemen an den technischen Pferdestärken mangelte.

Doch jetzt gibt es kein Halten mehr: Das über zwei Jahrzehnte gereifte Regelwerk ist genauso wie es sein sollte – und mit der bisher stärksten Nintendo-Hardware unter der Konsolen-Chassis können Miyamoto und sein Team endlich ALL ihre Visionen verwirklichen. Die Kurse sind größer und interaktiver denn je – kaum ein Winkel, in dem nicht etwas raucht, fliegt, fällt, schwingt, sich um die eigene Achse dreht oder die gesamte Level-Architektur durchgeschüttelt wird. Man prescht nach der durch Teil 7 (auf 3DS) etablierten Garage (für Selbstbau-Vehikel) mit Karts oder Bikes über Flughäfen, startende Jumbo-Jets, braust über schwebende Hochkurse und drückt sogar unter Wasser ordentlich auf die Tube. Gibt in Bowsers Boss-Burg tüchtig Gas… vorbei an schwingenden Morgensternpendeln und Magma-Fontänen, während sich der übrige Level im Hintergrund wie eine teuflische Maschine in sich selbst bewegt und der Rest der tobenden Fahrermeute weiter vorne die Räde einklappt, um über den Hover-Parcours zu schießen. Auf direktem Kurs ins Fun-Racer-Wunderland. Fahrgefühl, Präsentation, Online- bzw. lokaler Multiplayer, Langzeit-Motivation und Gechwindigkeit: Hier stimmt einfach alles. Genau so muss ein Rennspiel aussehen. (10 von 10 / "legendär")

 

Nintendo • ab dem 30. Mai für WiiU • ca. 60 Euro • ab 0 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: The Last Tinker – City of Colors

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Nach Media Molecule mit „Tearaway“ (PS Vita) versucht sich der Münchener Indie-Entwickler Mimimi-Productions an einer herzigen Bastelwelt: Das Handmade-Universum von „Last Tinker“ besteht aber nicht aus zart gewellten und zurechtgeschnipselten Papier-Bahnen, stattdessen wurde es aus Pappmache konstruiert – hier und da hat man noch einzelne Pflanzen, Karren oder Werkzeuge aus Papp-Kärtchen zusammengesteckt. Besonders wichtig ist dabei die richtige Bemalung, ohne Farben wären viele der prachtvollen Gebäude kaum identifizierbare Gebilde. Und genau hier liegt das Problem: Die Bewohner der Papp- und Papier-Welt sind über ihre farbliche Zugehörigkeit in Streit geraten – darum marschieren jetzt viele von ihnen nicht mehr so farbenfroh wie einst durch die Straßen von Farbstadt, sondern bepinseln sich nur noch in den Grundfarben Rot, Grün und Blau. Initiator des Streits ist der böse Bleiche-Geist: Der will die kunterbunte Tinkerwelt in eine leblose, weiße Einheitssoße verwandeln.

 

Held der Stunde ist Affenmännlein Koru: Der freche Primat gehört zur sagenumwobenen Spezies der ,Tinker‘ – darum ist er der einzige, der den magischen Segen der Farb-Schutzgeister empfangen kann. Darunter z.B. rote Platscher und Farbschüsse, mit denen sich die weißen Handlanger der Bleiche erledigen lassen. Das funktioniert zum Glück ziemlich simpel: Das vor allem auf die kleinsten Spieler bedachte „Last Tinker“ konzentriert sich auf Puzzles und simple Geschicklichkeitsaufgaben, die beschaulichen Kloppereien dagegen sind eher launiges Füllwerk als echte Herausforderung. Auch das Erforschen von Farbstadt fällt komfortabel aus: Wie bei Ubisofts Adventure-Reihe „Assassin‘s Creed“ funktioniert das Erkraxeln von Gebäuden und das Hopsen von Plattform zu Plattform, indem man ein und den selben Button gedrückt hält und den Helden einfach auf das Hindernis zusteuert – das Gros der Feinarbeit übernimmt die Figur dann selber. Dass Koru trotzdem hin und wieder in einen Abgrund plumpst, das gehört zu den gelegentlichen Kontroll-Schnitzern, die sich „Last Tinker“ erlaubt: Das kleine deutsche EntwicklerTeam hat sich trotz nur weniger Mittel als erstaunlich kompetenter Weltenbauer erwiesen, doch an einigen Ecken fehlt es Farbstadt an der Sorte Feinschliff, die aus einem „netten Dorf“ ein begehrliches Ausflugsziel für virtuelle Abenteurer macht.

 

 

Auch das Spielkonzept vermittelt immer wieder den Eindruck von Flickschusterei: Ein bisschen Schleichen hier, ein wenig Hochseilbahn-Sliden da, dann wieder pflichtmäßig hopsen und kloppen oder eine aufgesetzt erscheinende Knobel-Einlage bestreiten – jedes dieser Elemente für sich funktioniert, doch zu einem harmonischen Gesamtbild schaffen sie es nicht, denn dafür mangelt es „Last Tinker“ an einem koheränten Design- und Ideen-Unterbau. Selbst die Erzählung wirkt auf skurrile Weise wie eine narrative Entsprechnung seiner zusammengebastelten Spielwelt: „Last Tinker“ ist ein unglaublich sympathisches und liebenswertes Jump‘n‘Run-Abenteuer, das leider dabei versagt, all seine vielversprechenden und zuckersüßen Ideen zu einer stimmigen Spielerfahrung zu bündeln. „Last Tinker“ bemüht sich überdeutlich darum, Bilder aus der goldenen 3D-Ära des Genres heraufzubeschwören, doch die zahlreichen Zitate funktionieren nur auf visueller Ebene – und die Geschichte ist zu fahrig, zu erzwungen und zu kleinteilig, um sie richtig transportieren oder zusammenzuhalten zu können.

 

(6.5 von 10 / "befriedigend")

 

Mimimi Productions und Unity Games • ab sofort für PC (Steam) für ca. 20 Euro, Konsolen-Versionen folgen • für Einsteiger und Fortgeschrittene

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Transistor

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Mit seinem Debütwerk "Bastion" hat der kalifornische Kleinst-Entwickler 'Supergiant Games' Kritiker und Rollenspiel-Fans im Sturm erobert: Die atmosphärisch dichte Reise über ein Archipel aus zerbröckelnden Dimensions-Inseln war zwar ganz schön kryptisch geraten, doch die Verweise auf klassische 16Bit-RPGs und ein wunderbar unterkühlter Off-Kommentator verliehen "Bastion" seinen ganz eigenen Reiz. Und so viel Charme, dass man großzügig über das teils durchwachsene Gameplay hinwegsehen konte.

 

Leider fehlt dem Quasi-Nachfolger diese ganz besondere, individuelle Note: In "Transistor" reist man als 'Red' einmal mehr an der Seite eines unsichtbaren Erzählers, Erklärers und Kommentators durch eine menschenleere Landschaft, die Supergiant Games erneut von schräg oben und bei feststehender Kamera einfängt. Will heißen: Die im Zeichentrick-Look gehaltene Spielwelt wird immer aus dem selben Blickwinkel betrachtet. Inzwischen ist Heldin 'Red' damit beschäftigt, ihr wuchtiges Anime-Schwert hinter sich herzuschleifen (das übergroße Ding schrammt dabei über den Boden), um damit allerlei Monstrositäten und Roboter zu verdreschen.

Roboter? Korrekt: Anders als "Bastion" spielt "Transistor" nicht mehr in einer erdigen bis grasgrünen Fantasy-Welt, stattdessen erinnern die zwar bunten, aber sterilen und meist glatten Hightech-Kulissen ein wenig an die neue "Shadowrun"-Versoftung. Entsprechend scheinen auch die Gegner und ihre Arenen dem Cyberspacen entsprungen: Hier lässt sich kaum noch erkennen, wo das Organische aufhört und das Synthetische bzw. Digitale anfängt – zumal die Kerlchen förmlich aus dem Level-Boden "hinauspixeln". Passend dazu wachsen allenthalben quaderförmige, glänzende Blöcke in die Höhe, die sich beim Echtzeit-Schwertschwingen nicht nur für den Helden, sondern auch für Monster hervorragend als Deckung eignen.

 

 

Damit die effektvolle Schlacht aus beherzten Hieben und cybertronisch-magischen Kräften nicht zu hektisch über den Pixel-Äther zieht, lässt sich die Roboter-Verschrottung per Knopfdruck einfrieren und auf eine taktische Kampfebene holen: Hier darf sich Red so lange bewegen, wie sie will – aber höchstens zwei unterschiedliche Attacken einleiten. Dann wird die Aktions-Kette per Button-Kommando gestartet – und schon kann man die Heldin dabei beobachten, wie sie die Befehle auf der Echtzeit-Ebene ausführt.

Klingt taktisch, spielt sich aber tatsächlich konfus und unnötig frustig: Das an sich angenehm flexible Fertigkeiten-System wird im Spiel dermaßen mies erklärt, dass seine Finessen gerade während der ersten zwei bis drei Stunden nicht so effizient genutzt werden können, wie es nötig wäre. Das Resultat: Red geht ständig drauf – und büßt bei jedem Ableben eine weitere Fertigkeit ein. Das zwar nur auf Zeit – aber lange genug, um die ohnehin schon knackigen Gefechte in nervige Frust-Erlebnisse zu verwandeln.

 

Die Geschichte um die wuschelhaarige Sängerin und das an einen Computer-Platine erinnernde, sprechende Schwert ist zwar – wie schon "Bastion" zuvor – dank seiner eigenwilligen, aber fein abgestimmten Ästhetik ein echter Hingucker, doch der geradlinige Spielverlauf, die übertrieben harten Gefechte und das sperrige Kampfsystem berauben die an sich potente Mixtur fast jeder Spielfreude. Zumal die Stimmung diesmal nicht so dicht und individuell geraten ist, dass jeder Genre-Fan gnädig über die Design-Verfehlungen hinwegsieht.

Darum trauen sich nur solche Rollenspieler an das mit 20 Euro nicht gerade günstige "Transistor", die neben einer Begeisterung für ungewöhnliche Genre-Experimente vor allem viel Leidensfähigkeit und Geduld mitbringen. (6.5 von 10 / "befriedigend")

 

Supergiant Games • ab sofort für PC (Steam) und PS4 • ca. 20 Euro • für Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Super Time Force

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Spiele, die auf der pixeligen Retro-Welle schwimmen, gibt es zuhauf – doch so allmählich hat man sich am grobkörnigen Look der Möchtegern-Klassiker sattgesehen. Es sei denn, man fängt den Stil der guten alten Zeit so charmant ein wie "Super Time Force" – und modernisiert ihn dann auch noch gekonnt: Der kanadische Entwickler Capybara hat neben Auftragsarbeiten für Ubisoft immerhin am Mobile-Hit "Superbrothers Sword & Sworcery EP" mitgearbeitet – mit stilvoller Retro-Grafik kennt man sich also bestens aus.

Im Xbox-Zeitreise-Scharmützel sind allerdings weniger bedächtige Töne angesagt als beim bekannten iOS-Adventure: Um die Erde vor Alien-Invasionen, verrückten Erfindern, fressgierigen Dinos und schießwütigen Robotern zu retten, reisen die Mitglieder der klotzigen "Super Time Force" nicht nur in unterschiedliche Erd-Epochen – obendrein können sie auch in den horizontal scrollenden Shooter-Welten die Uhr zurückdrehen. Wann immer der aktive Ballermann im Pixelhagel verglüht, kann man einige Sekunden in der Zeit zurückreisen und dann einen beliebigen Wiedereinstiegspunkt bestimmen. Der Gag dabei: Beim Neuanfang darf man mit jedem beliebigen Team-Mitglied der "Super Time Force" loslegen – man ist nicht also auf den gerade verblichenen Kollegen festgetackert.

 

 

Ebenfalls nützlich: Von dem toten Charakter existiert auf der neuen Zeitlinie noch immer ein Schatten, der alle Aktionen des Originals ausführt – bis zu dessen Ableben eben. Auf diese Weise lassen sich mehrere Charaktere gleichzeitig in die selbe Problem-Situation navigieren – z.B. damit man von allen Spezialkräften und Extra-Wummen der schießwütigen Spezialisten profitieren kann. Der eine kann seinen Schuss auffächern, der nächste ballert um die Ecke, wieder ein anderer navigiert eine Rakete ins Ziel oder schwingt einen mächtigen Schutzschild: Je mehr Spezialisten man im Verlaufe der aberwitzigen Missionen befreit, desto größer wird das Angriffs-Repertoire.

 

Leider ist der an sich launige Zeitdreher nicht nur das primäre Feature von "Super Time Force", sondern zugleich seine größte Schwachstelle: Die meiste Zeit über möchte man die fantastisch inszenierten Pixel-Szenarien sowie ihre wunderbar geschmeidig animierten, nicht selten übergroßen Bewohner genießen und sich ganz aufs Ballern konzentrieren – doch weil das Level-Design den übereifrigen Einsatz des Zeit-Zurückspulers erfordert, wird da nix draus. Wer sich auf diese Art durch zwei Welten geballert hat, den wird der Dauer-Dreher nicht nur allmählich anöden, sondern vermutlich auch ganz schön nerven, weil er viele an sich simple Abschnitt unnötig verkompliziert.

Trotzdem: Wer mit dem eigenwilligen Feature leben kann, der wird sich um der wunderschönen Pixel-Optik Willen vielleicht trotzdem durch die bockharte Ballerei quälen – und sich dabei über die angenehm humorige Geschichte freuen, die außerdem für ein paar aberwitzige Überraschungen gut ist.

 

(6.5 von 10 / "befriedigend")

Capybara • ab sofort für Xbox 360 und Xbox One • ca. zwölf Euro • für Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär


Kritik: Wolfenstein – The New Order

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Einen Klassiker neu zu erfinden, das ist keine allzu dankbare Aufgabe – besonders dann nicht, wenn der Oldie zu Wegbereitern eines ganzen Genres gehört und ein nach heutigen Maßstäben so lasches Regelwerk hat, dass es für eine treffsichere Neu-Interpretation fast schon zu viel Spielraum bietet. id's Pixel-Ballerei "Wolfenstein 3D" hat das Ego-Shooter-Genre quasi begründet und bereits über ein Jahr vor dem ersten "Doom" aus allen Rohren gefeuert. Weil Carmack & Co. in den nur karg texturierten Raytrace-Korridoren Nazi-Schergen aufmarschieren ließen und die Bollwerke mit allerlei "verfassungsfeindlichen Symbolen" tapezierten, landete "Wolfenstein 3D" in Deutschland auf dem Index. Ein Stigma, unter dem die Marke bei uns noch heute leidet, wenn Redakteure und Grafiker jedes Artwork und jeden Screenshot akribisch nach Swastikas und Siegrunen durchforsten. Denn die Entdeckung eines derart verpönten Symbols führt bestenfalls zu einer Abmahnung, schlimmstenfalls zu einem Verfahren und der Verbannung eines Print-Magazins aus den Regalen. Darum lässt der neue Entwickler MachineGames (unter Verwendung der bereits für "Rage" verwendeten Engine "id Tech 5") für die Wiederbelebung der Marke zwar nach wie vor deutsche Faschisten in das Mündungsfeuer hechten, doch statt Hitler bellt der fiktive Diktator 'General Totenkopf' die Befehle, während seine Soldaten nicht unter dem Hakenkreuz, sondern einem fetten "W"-Emblem marschieren. 

 

Aber die Entwickler wagen noch einen weiteren erzählerischen Kniff: Nur der Auftakt des Spiels handelt in den 40er-Jahren (und zwar unmittelbar nach Ende des eigentlichen zweiten Weltkriegs), danach geht's in die 60er. Und das funktioniert so: US-Ballermann B.J. Blazkowicz verfolgt zusammen mit seiner Einheit den deutschen General Totenkopf. Eigentlich ist das Nazi-Regime geschlagen, doch der Fiesling mit der skelettierten Narbenfresse will einfach nicht aufgeben. Totenkopf ist auf dunklen Pfaden an absurde High-Tech-Spielereien gekommen, mit deren Hilfe er z.B. gigantische Mechs und riesige Roboter-Kampfhunde über die Schlachtfelder stapfen lässt. Bei dem glücklosen Versuch, den General zur Strecke zu bringen, bekommt Blazkowicz ein paar Schrapnellsplitter in den Denkapparat – und vegetiert über ein Jahrzehnt in einer polnischen Klinik vor sich hin. Als der invalide Kämpfer Anfang der 60er endlich wieder zu sich kommt (der jahrelang an den Rollstuhl gefesselte Soldat ist auf wundersame Weise noch genauso fit und muskulös wie zum Zeitpunkt der Verletzung), hat sich die Welt dramatisch verändert: Unter der Führung Totenkopfs haben die Nazis (hier schlicht 'das Regime' genannt) den Krieg doch noch gewonnen – ihren zyklopischen Bauten sind auf der ganzen Welt allgegenwärtig, sogar den Mond haben die Faschos besiedelt. 

 

 

Man kann den Schergen von Totenkopf nachsagen was man will – aber die Vereinigung der Welt unter der Herrschaft einer einzigen Macht hatte zumindest einen 'positiven' Effekt: Die Technologie ist während der frühen 60er in manchen Bereichen zumindest ähnlich weit entwickelt wie heute, in anderen sogar weiter. Urige, von Feuer und Dampf betriebene Roboter sind alltäglich, C64-artige Computer finden sich in fast jedem Nazi-Büro und die monolithschen Prachtbauten des Regimes wuchern dank einer ungewöhnlichen Zement-Rezeptur mit der Geschwindigkeit eines Schimmelpilzes über den Globus.

 

Nachdem Blazkowicz den Überfall eines Nazi-Stoßtrupps auf die polnische Klinik überlebt und zusammen mit der Tochter des Chefarztes nach Berlin – also direkt in die Höhle des Löwen – reist, schließen sich die beiden dort dem Widerstand an. In stillgelegten Korridoren und Fabrik-Anlagen unter dem Hauptquartier Totenkopfs hat sich ein bunter und im Spielverlauf stetig wachsender Haufen von Widerständlern eingefunden, die den Nazis die Suppe versalzen, wo sie nur können. Gemeinsam findet man schließlich heraus, woher die unheimliche High-Tech-Macht des Generals kommt – und entwickelt einen Plan, die Welt aus dem Würgegriff der Steampunk-Faschisten zu befreien.

 

 

MachineGames wagt sich für die Inszenierung des Anti-Nazi-Shootouts an das Experiment, neue und alte Genre-Mechanismen miteinander zu versöhnen: Heute standardisierte Verfahren wie Deckungs-Ballerei, Schleichgänge und ein Waffenrad zur Selektion der gewünschten Bleipuste werden mit Antiquitäten aus Uropas Action-Kiste gekreuzt – darunter vor allem die aus dem Ur-"Wolfenstein" und "Doom" bekannten Medikits und Rüstungs-Elemente. Beides poliert – einmal aufgesammelt – Prozentpunkt für Prozentpunkt die jeweilge Werte-Skala (Gesundheit bzw. Panzerung) auf – das aus heutigen Genre-Vertretern bekannte automatische Regenerieren gibt es in "New Order" nicht. Oder genauer: Unser Super-Soldat gewinnt bis zu 20 Punkte automatisch zurück – für alles, was darüber hinausgeht, braucht er Medikit-Instantz-Versorgung.

So drollig diese Hommage an alte Shooter-Werte auf den ersten Blick auf erscheinen mag, so wenig Sinn macht sie auf den zweiten: Level-Logik und Spielbalance des Titels entsprechen nämlich eher der eines modernen Shooters – darum harmoniert das neue "Wolfenstein" nur bedingt mit dieser interessanten, aber am Ende leider herzlich nutzlosen Reminiszenz an alte Baller-Tage. 

 

Doch das größte Problem von Blazkowicz' Abenteuer ist nicht etwa die aufgezwungen erscheinende Punkte-Klauberei, sondern vielmehr die qualitative Inkonsistenz des gesamten Werks: Während manche Levels in "New Order" mit wundervoll plastischen Kulissen und herrlich detaillierten Protagonisten aufwarten, werden andere von langweiligen, teils pixelig texturierten Kulissen dominiert und unansehnlichen Gesichtsbaracken bewohnt – ganz so, als hätte man hier entweder id's Engine noch nicht ganz im Griff gehabt oder im Interesse einer zügigen Produkt-Fertigstellung das B-Team ranlassen müssen.

Diesem Umstand ist es dann auch zu verdanken, dass "Wolfenstein" während der ersten Stunden nicht so recht in die Gänge kommen will: Bis Blazkowicz endlich auf den Berliner Widerstand trifft und sich gezielt an die Bekämpfung des Regimes machen kann, ist "New Order" ein Sammelsurium aus langweiligen, häufig beliebigen und dürftig aufeinander abgestimmten Level-Versatzstücken. Die lassen zwar bereits das Potential des Titels erahnen, vermitteln aber allesamt nicht so recht die Faszination des zugrundeliegenden Szenarios: Wenn hier fantastische Vehikel über die Schlachtfelder stapfen und ganze Nazi-Dutzendschaften unter Blazkowicz' unbarmherzigen Ansturm blutverschmiert in die Knie gehen – dann lässt uns das schlichtweg kalt, weil zwar jedes Teil für sich zu begeistern weiß, ihr gemeinsamer Auftritt aber zu kraftlos und austauschbar wirkt.

 

 

Doch zum Glück dreht der Kampf gegen Totenkopfs Heerscharen dann doch noch ordentlich auf: Nach der Missionsbesprechung in der Rebellen-Basis (nach ca. vier Spielstunden) wird "Wolfenstein" dann doch noch die Sorte Singleplayer- und Kampagnen-Ego-Shooter, die man sich erhofft hat. Auch wenn es dem Titel narrativ an der nötigen Selbstironie mangelt und Held Blazkowicz im Verlaufe des Abenteuers erschreckend oft die Persönlichkeit wechselt (man wusste wohl nicht so recht, ob man ihn als sensiblen Leute-Versteher oder als schießwütiges Raubein anlegen soll), erschafft MachineGames' Interpretation des id-Klassikers jetzt endlich eine wunderbar Klischee-aufgeladene Kombination aus 60er-Jahre, Nazi- und Steampunk-Zitaten. Obendrein erschaffen neckische Details wie Schallplatten von den 'Käfern' (die deutsche Version der 'Beatles') ein angenehm schrulliges Parallel-Universum, das wie ein deutsch geprägtes Zerrbild unserer Popkultur wirkt. 

 

Auch spielerisch gibt sich "Wolfenstein" nach den ersten schwachen Stunden nur wenige Blößen: Elemente wie ein Laser-Cutter (zum Zerschnippeln von Gittern und Blechen) können zwar nicht darüber hinwegtäuschen, dass MachineGames hier eben doch nur einen konservativen Allerwelts-Shooter abliefert – aber der macht zumindest richtig Spaß. Wirklich ärgerlich ist dagegen der auffallend schlechte Sound-Mix der Ballerei: Die Waffen und Explosionen geben ein meist nur schwachbrüstiges 'Piff-Paff' von sich, und die Stimmen sind (zumindest in der deutschen Version) so leise abgemischt, dass sie häufig unhörbar im übrigen Sound- und Effekt-Chaos untergehen. 

 

Wer einen soliden Kampagnen-Shooter mit interessantem Szenario sucht und dabei über einige Schwächen hinwegsehen kann, der macht mit dem neuen "Wolfenstein" nichts vekehrt. Trotzdem: MachineGames hätte  aus dem attraktiven Szenario deutlich mehr rausholen können. 

 

(7.5 von 10 / "gut")

MachineGames und Bethesda • ab sofort für PC, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4 • ca. 60 Euro • ab 18 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

Kritik: Watch Dogs

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Grand Hack Auto

 

Der Feind aus dem Innern: Mit seinem Hacker-Thriller "Watch Dogs" will Ubisoft Besitzern von PC, Xbox 360, Xbox One, PS3 oder PS4 die Adventure-Bibel der 'Generation Smartphone' bescheren. Die setzt visuell und Feature-seitig zwar ein paar interessante Marken, hat aber leider weder viel Persönlichkeit noch den nötigen Charme.

 

Calypso Rawlins ist 29, Pflegemutter, arbeitet als Pfandleiherin und hat ein Jahreseinkommen von 41.800 Dollar. Richard Follett ist 31, hat vor kurzem Highschool-Schläger attackiert, arbeitet aktuell als Zeitungsbote und verdient 26.400 Dollar im Jahr. Und 1.400 Dollar davon hebt „Watch Dogs“-Held Aiden Pearce gleich an einem Bankautomaten seiner Wahl ab. Der Trick dabei: Mit seinem Handy hat der Meister-Hacker Zugriff auf die komplexe Computeranlage in seinem Versteck, und die wiederum ist mit dem ctOS verbunden – dem allgegenwärtigen und allwissenden Computer-Netzwerk von Chicago, das von Wasserversorgung bis Müllabfuhr alles reguliert und kontrolliert. Indem der Computer-Schleicher das ctOS austrickst, hat er Zugriff auf alle Personen-Informationen, kann von Beobachtungskamera zu Beobachtungskamera springen, Hydranten explodieren lassen, Ampeln ausknipsen, Tore wie von Geisterhand bedienen und noch jede Menge andere Kunststücke vollbringen – und das mit nichts weiter als seinem Handy.

 


 

Damit spielt das jüngste „Open World“-Game von Ubisoft Montreal („Assassin‘s Creed“) direkt auf die digitale Spionage-Paranoia der heutigen Zeit an: In einer Welt, in der jede Information über die internationalen Daten-Highways geschleust und in den gigantischen Server-Farmen von Google, NSA und Facebook archiviert wird – da sind Begriffe wie „Privat“ oder „Intim“ nur noch wehmütige Erinnerungen an die Zeit von Pappe, Papier und greifbarem 'Organizer'.

Ganz so dicht, allumfassend und damit auch angreifbar wie in Ubisofts „Watch Dogs“-Chicago ist das digitale Netz heute noch nicht – doch mit Hilfe seines maskierten Antihelden Aiden mahnen die Entwickler zur Vorsicht.

 

 

Der in einen abgewetzten, wallenden Ledermantel gehüllte Held verbirgt sein Gesicht die meiste Zeit über hinter einem Schal und dem Schirm einer Baseball-Mütze – das Resultat ist eine schemenhafte Figur, irgendwo zwischen den Assassinen aus der bekannten Meuchler-Mär des Herstellers, den Martial-Arts-Agenten aus "Matrix" und den Masken-Heinis der Anonymous-Bewegung. Doch die Spiel-Designer prangern nicht nur den Kontrollwahn der Regierung an – auch die vermeintlich liberal eingestellten Computer-Rebellen müssen sich Kritik gefallen lassen. So ist Held Aiden alles andere als eine Lichtgestalt: Er setzt seine Fertigkeiten vor allem zur Selbstbereicherung ein – und als ihm eines seiner Opfer auf die Schliche kommt, da gerät seine eigene Familie ins Fadenkreuz. Die sechsjährige Nichte verliert seinetwegen ihr Leben – darum befindet sich Aiden jetzt auf einem Rachefeldzug, den er selbst verschuldet hat. Und um die Mörder seines Mündels zu finden, ist ihm fast jedes Mittel recht: Der Hacker nutzt das Computer-Netzwerk, um sich die notwendigen finanziellen Mittel zu ergaunern, Autos zu knacken, Sicherheitssysteme zu umgehen oder die Straße in ein buchstäbliches Minenfeld zu verwandeln, auf dem Flüchtende von Dampfventilen gekocht bzw. Explosionen zersprengt werden und unter fehlgeleiteten Autos landen.

 

 

All das funktioniert in "Watch Dogs" auf Knopfdruck: Hacken, Informationen beschaffen, Stehlen und Töten ist hier so einfach, dass echten Hackern die Haare zu Berge stehen und Gewalt-Allergiker die Nase rümpfen – denn die Brutalität in Ubisofts Cyber-Chicago erschreckt nicht mit Pixelblut oder abgetrennten Körperteilen, sondern durch die spielerische Leichtigkeit, mit der sie hier ausgeführt wird und in wuchtigen Resultaten gipfelt. Sobald Aiden sein Smartphone zückt, ist jeder Mensch nur noch eine virtuell etikettierte Datensammlung und die ihn umgebende Stadt ein Sammelsurium aus digitalen Interaktions- und Tötungs-Optionen, die man lediglich zu passieren und dann per Button zu aktivieren braucht. Dieses Ballett des Todes zu beherrschen, das ist zwar keine große Kunst – doch die zahlreichen Experimentier- und Kombinations-Möglichkeiten machen es ebenso wie die rasante Gangart des Spiels dann doch noch zur Herausforderung. Denn wenn Aiden nicht gerade rennt oder aus der Deckung heraus mit Pistole bzw. Sturmgewehr um sich ballert, dann sitzt er hinter dem Steuer eines (meist geklauten) Wagens und kreuzt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch das weit verzweigte Verkehrsnetz der Metropole. Das funktioniert zwar nicht so gut wie in in einem "GTA 5", doch die Komponente des hackbaren Verkehrsnetzes gibt den städtischen Parcours eine reizvolle Note. Doch auch ohne das Steuer in den Händen ist Aiden nicht ungeschickt: Eine "Assassin's Creed"-verwandte 'Free-Roam'-Button-Kombi lässt ihn geschmeidig über Hindernisse hechten und über Mauern bzw. Zäune kraxeln. Ganz so muskulös wie die mittelalterlichen Sektierer ist er allerdings nicht: Aiden taugt nicht zum Fassaden-Kletterer oder Parcours-Meister – vor Häuserwänden heißt es für den Hacker erstmal "Stop!". 

 


 

Dass "Watch Dogs" trotz des neuartigen Hack-Features und seines prachtvollen, mal von Licht, mal von Regenschauern durchfluteten High-Tech-Mekkas nicht der erhoffte Virtual-Reality-Thriller für die Generation Smartphone geworden ist, das liegt vor allem an einem chronischen Persönlichkeits-Mangel: Die tumb erzählte Rachegeschichte kann das Abenteuer ebenso wenig tragen wie das in digitaler Schönheit erstarrte Chicago, das zwar die Detail- und Feature-Wut, nicht aber die Spiel-Lust befriedigt. Kurzum: "Watch Dogs" funktioniert immer so lange, wie man sich ganz auf seinen beeindruckenden Katalog aus digitalen Fiesheiten einlässt, um mit ihrer Hilfe Missionen zu bestreiten und das Regelwerk der Stadt zu beugen. Doch als Erzählung und als Schauplatz bietet Aidens Abenteuer allzu oft nur ernüchterndes Mittelmaß. Hier wird bei einer potentiellen Fortsetzung hoffentlich nachgebessert – dann kann der Meister-Hacker vielleicht doch noch sein volles Potential entfalten und aus dem übermächtigen "GTA"-Schatten treten. Schön wären dann allerdings auch ein übersichtlicheres Missions-System bzw. eine gemächlichere Einführung in das gerade anfangs unübersichtliche Feature-Dickicht.

 

Schöne Ergänzung: Smartphone- bzw. Tablet-Besitzer können kostenlos die App "ctOS Mobile" laden und mit ihrer Hilfe gegen "Watch Dogs"-Spieler antreten. Die wollen per Auto von Checkpoint zu Checkpoint entkommen, die App-Nutzer hetzen ihnen Streifenwagen auf den Hals und aktivieren Fallen in ihrer Nähe.

 

(7.5 von 10 / "gut")

Ubisoft Montreal • ab sofort für PC, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4 (WiiU-Version folgt) • ca. 60 Euro • ab 18 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

20 E3-Highlights, die uns elektrisiert haben

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"The Division", "The Witcher 3", "The Order 1886", "Uncharted 4", "The Legend of Zelda" und Action-Figuren für WiiU: Die E3 2014 ist die Messe der Next-Gen-Sensationen – aber sie ist auch die Show der nicht eingehaltenen Versprechen und Verschiebungen. Die meisten Hoffnungsträger für die neue Konsolen-Generationen wurden von dieses ins nächste Jahr geschubst – darum folgt auf jedes frohe Gesicht auch fast immer ein langes. Doch auch für 2014 gab's ein paar ordentliche Highlights zu bestaunen: Spiele wie Bungies "Destiny", Biowares Rollenspiel "Dragon Age: Inquisition" oder "The Evil Within" von Grusel-Meister Shinji Mikami laufen auch noch auf der alten Generation, sind aber trotzdem echte Hingucker. Und mit "Assassin's Creed: Unity" steht schließlich der erste waschechte Next-Gen-Only-Titel von einem Drittanbieter auf dem virtuellen Delikatessen-Plan… 

Platz 1: The Legend of Zelda

(Nintendo, WiiU) • Das erste "Zelda" für Nintendos WiiU wird die Serie in neue Dimensionen hieven: Kein anderes Abenteuer von Spitzohr Link war bisher so schön, so grasig und so groß. Aber vor allem groß: Nintendo möchte mit der bisherigen Unterteilung in unterschiedliche Level-Regionen brechen, stattdessen soll 2015 das erste waschechte Open-World-Abenteuer des Adventure-Elfen in den Regalen stehen.

Platz 2: Amiibo

(Nintendo, WiiU) • Endlich: Schon lange wurde über die Möglichkeit für WiiU spekuliert, über das Gamepad mit Spielzeugen zu kommunizieren – und zwar in beide Richtungen. In etwa so, wie man es von Activisions erfolgreicher "Skylanders"-Serie oder Disneys "Infinity" kennt. Jetzt ist es endlich soweit: Unter dem Titel "Amiibo" präsentiert Nintendo sein eigenes Figuren-Programm. Das wird mit Titeln wie "Mario Kart 8" 

Platz 3: No Man's Sky

(Hello Games, PS4) • Das PS4-exklusive "No Man's Sky" vom britischen Indie-Studio Hello Games gehört – obwohl von einem gerade mal fünf Mann kleinen Team entwickelt – auch technisch zu den eindrucksvollsten Hinguckern der E3. Der Open-World-Titel, der sich stilistisch an den frühen Metal-Alben-Covern von Meister-Pinsler Rodney Matthews orientiert, erinnert an retrospektive Weltraum-Erkundungs-Spiele wie "Elite", fügt dem Genre aber außerdem komplett begehbare Planeten hinzu. Voller flauschiger Wiesen und Steppen, riesiger Dino-Viecher sowie bunter Waldlandschaften. Her damit! Wann's kommt? Fragt das Universum… 

Platz 4: Arkham Knight

(Rocksteady/Warner Int., PS4, Xbox One, PC) • Das neueste Abenteuer von Gothams dunklem Ritter wurde wie so viele wichtige Titel auf 2015 verschoben – aber die Präsentation auf der Sony-Presskonferenz hatte es in sich: Batman flattert von einem hohen Gebäude ins tiefer gelegene Gotham, zischt dabei über hunderte Meter tief und direkt in das geöffnete Verdeck seines Bat-Mobils. Das verwandelt sich daraufhin in einen dicken Panzer – und verwüstet dann ordentlich Gothams Straßen. Großartig. Und sieht als eines von wenigen Projekten wirklich nach "Next-Gen" aus.

Platz 5: FarCry 4

(Ubisoft, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, PC) • Teil 3 war dank seiner suchtverdächtigen Kombination aus Open-World-Shootout, Survival-Trip und Rollenspiel-Elementen DER Ubisoft-Überraschungshit des Jahres 2012. Darum gibt man sich mit Teil 4 gleich noch mal so viel Mühe: Statt einer tropischen Insel wird diesmal ein kleines, gebirgiges Land im Himalaya-Gebirge durchlatscht, durchfahren und durchlöchert. Wer sich ans Steuer der angenehm schrottigen Vehikel setzt, darf sie diesmal nicht nur fahren, sondern außerdem vom Steuer aus ballern bzw. nebenan fahrende Autos regelrecht "entern". Auch ein durchgeknallter Oberfiesling ist wieder mit an Bord: Alles gute Gründe, den Titel für Ende 2014 auf der Rechnung zu haben.

Platz 6: Assassin's Creed – Unity

Unity (Ubisoft Montreal, Xbox One, PS4, PC) • Anders als in im vierten Teil steht im nächsten "Assassin's Creed" statt eines ganzen Insel-Archipels nur eine einzige Stadt zur Erkundung bereit – doch die hat es in sich: Angeblich soll das virtuelle Paris um ein Vielfaches größer sein als alle Landmassen von Teil 4 zusammen. Auch grafisch gibt man diesmal richtig Gas: "AC Unity" erscheint nur für PC und Next-Gen-Konsolen – auf die ältere Generation musste man diesmal keine Rücksicht nehmen, als man die filigran modellierten Figuren und verschwenderisch texturierten Gebäude der französischen Metropole gestaltet hat. Bereits Ende dieses Jahres ist es soweit.

Platz 7: Destiny

(Bungie/Activision, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4) • Laut Publisher Activision soll Bungies Großprojekt "Destiny" das teuerste Spiel überhaupt werden: Satte 500 Mio. Dollar investiert man in Entwicklung und Vermarktung des futuristischen Turbo-Blockbusters. Der spielt auf einer Erde in ferner Zukunft, auf der die Menschen von der Technologie einer außerirdischen, Sphären-artigen Entität profitieren. Doch die hat auch mächtige Feinde angelockt – und nun liegt unsere Gesellschaft in Scherben. Jetzt sollen es die Spieler wieder richtigen – und zwar möglichst gemeinsam. Wer unbedingt will, der kann "Destiny" schwerpunktmäßig alleine spielen – doch sein wahres Potential entfaltet das Beinahe-MMO erst als Rudel-Erlebnis.

Platz 8: Captain Toad – Treasure Tracker

(Nintendo, WiiU) • Bereits in "Super Mario 3D World" auf der WiiU hatte der kleine, pilzköpfige Klempner-Kumpel Toad ein paar launige Solo-Auftritte, die Jump'n'Run- und Puzzle-Features kombiniert haben. Scheinbar ist die Idee – zumindest intern – so gut angekommen, dass Nintendo jetzt ein komplettes Spiel draus gestrickt hat. Das zeigt Marios putzigen Freund, wie er isometrische Levels durchstreift, dabei mit viel Köpfchen um die Orientierung ringt und z.B. riesigen Feuerdrachen gegenübertritt. Und zwar Weihnachten 2014. 

Platz 9: Rainbow Six – The Siege

(Ubisoft, PS4, Xbox One, PC) • Sechs Jahre ist es her, seitdem Ubisoft zum letzten Mal die "Rainbow Six"-Squads des verstorbenen Thriller-Autors Tom Clancy ("Jagd auf Roter Oktober") in die Schlacht geschickt hat. Jetzt befindet sich die Spezialeinheit wieder genau dort, wo sie hingehört: Im knallharten Häuserkampf gegen skrupellose Terroristen. Denen sollen sie dabei wertvolle Geiseln abringen – wobei in der jeweiligen Behausung so einiges zu Bruch geht. Highlight des Titels scheint tatsächlich das Zerstörungsmodell zu sein: Trifft ein großkalibriges Projektil auf eine Wohnungswand, dann kracht und zersplittert sie nach allen Regeln der Vernichtungskunst. Und hinterlässt dabei ein schickes Loch, durch das man dann ebenfalls das Feuer eröffnen kann.

Platz 10: Dragon Age – Inquisition

(Bioware/EA, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, PC) • Nach dem schwachen zweiten Teil muss RPG-Experte Bioware seine Fans erstmal versöhnen – und das scheint zu klappen: "Inquisition" wird ein prachtvolles Open-World-Rollenspiel, das der Entwickler mit der Frostbyte-Engine von Dice ("Battlefield") umgesetzt hat. Einer der größten Next-Gen-Hoffnungsträger 2014.

Platz 11: Fable Legends

(Lionhead/Microsoft, Xbox One) • Nachdem die von Peter Molyneux ins Leben gerufene Rollenspiel-Reihe seit Teil 3 im Dornröschenschlaf liegt und in letzter Zeit für eher unleidliche Spin-Offs aus der Mottenkiste gekramt wurde ("Fable: The Journey"), wird jetzt endlich wieder ein Rollenspiel draus – allerdings ausschließlich für RPG-Fans mit Multiplayer-Faible. Die dürfen 2015 zu viert auf kooperative Abenteuer-Trips gehen, während ein fünfter Spieler sie mit Truppen, Monstern und anderen Hindernissen traktiert. "Fable Legends" soll in vollem Umfang Cloud- und Smart-Glass-Features der One unterstützen.

Platz 12: The Witcher 3 – Wild Hunt

(CD Projekt RED, PS4, Xbox One, PC) • Schon wieder verschoben: Wer darauf hoffte, "Witcher" Geralt von Riva noch in diesem Jahr auf sein drittes Rollenspiel-Abenteuer zu begleiten, wird leider enttäuscht. Auch der weißhaarige Kampfmagier kommt erst 2015 aus seinen Startlöchern, ist aber neben dem dritten "Dragon Age" DIE Next-Gen-Hoffnung für Rollenspieler. Und vermutlich einer der bis dahin prachtvollsten Titel für die neuen Konsolen.

Platz 13: Mario Maker

(Nintendo, WiiU) • Schon immer mal ein eigenes "Mario"-Jump'n'Run fabrizieren wollen? Denn ist der "Mario Maker" das perfekte Tool dafür: Mit Hilfe von Pen und WiiU-Gamepad lassen sich Klempner-Parcours basteln wie bei den Meistern – wahlweise im 8Bit-Retro-Look oder im aktuellen Erscheinungsbild des Hupf-Clans. Ein Millimeter-Papier-ähnliches Raster lässt die Arbeit dabei besonders präzise werden.

Platz 14: Yoshi's Woolly World

(Nintendo, WiiU) • Nach dem fluffigen Kirby in dem Wii-Hupfer "Kirby's Epic Yarn" geht jetzt auch sein Kollege Yoshi auf Handarbeits-Kurs: In "Yoshi's Woolly World" für Wii springt er als flauschiger Strick-Dino durch eine kuschelweiche Wolle-Welt – wie immer mit langer Zunge und einem Mordshunger auf Gegner, die er futtern und in Eier verwandeln kann. 2015 ist es soweit.

Platz 15: Bloodborne

(From Software/Sony, PS4) • Um was es in dem PS4-exklusiven Hauruck-Rollenspiel geht, weiß man nicht – doch die E3-Besucher haben trotzdem jubiliert. Denn "Blooborne" kommt vom selben Team bei From Software, das bereits die erfolgreichen "Dark Souls"-RPGs entwickelt hat. Will heißen: Der neue Titel von den Großmeistern der feinen Frustration wird eines mit Sicherheit – BOCKSCHWER.

Platz 16: Valiant Hearts – The Great War

(Ubisoft, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, PC) • Mit der auf 2D-Abenteuer spezialisierten "UbiArt Framework"-Engine bescheren uns immer mehr kleine Entwickler-Teams bei Ubisoft ganz außergewöhnliche Spiele: Nach mehreren "Rayman"-Titeln und "Child of Light" profitiert "Valiant Hearts: The Great War" von der Flexibilität des Tools. Das verspricht Point'n'Click-ähnliche und obendrein kriegskritische Erlebnisse vor einer wunderbaren Zeichentrick-Kulisse. Und das Beste: Es kommt noch diesen Juli!

Platz 17: The Evil Within

(Bethesda, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4, PC) • Als Erfinder der "Resident Evil"-Serie gilt der Japaner Shinji Mikami als Großmeister des virtuellen Horrors. Doch sein letztes Grusel-Spiel ist eine Weile her: Seit "Resident Evil 4" hat Mikami das Splatter- und Schock-Genre erstmal ad acta gelegt – bis jetzt. Während alle anderen klassischen Grusel-Serien immer mehr zum Action-Spielplatz verkommen, verspricht Mikamis neue Bildschirm-Mär "The Evil Within" endlich wieder gepflegte Schauerstimmung. Mikami-Fans freuen sich auf Horror-Ambiente in alter "Resident Evil"-Tradition. Endlich wieder. Noch dieses Jahr. Schiss haben, bis der Nervenarzt kommt. 

Platz 18: Sunset Overdrive

(Insomniac/Microsoft, Xbox One) • Über den Action-Titel von "Ratchet & Clank"-Macher Insomniac ist nur wenig bekannt – bis auf die Tatsache, dass er mächtig cool werden soll und extrem viel geballert wird: Der auf Superhip- und -trendig gebürstete Held tänzelt, wetzt und hangelt mit allerlei akrobatischen Verrenkungen durch eine futuristische Open-World-Stadt, während er die monströs mutierten Opfer eines Energy-Drinks mit bizarren und selbstgebastelten Waffen von der Bildfläche pustet. Der schrille Shooter soll noch dieses Jahr erscheinen.

Platz 19: Halo – Masterchief Collection

(343 Industries/Microsoft, Xbox One) • Zwar erwartet uns 2014 kein neues "Halo" mehr, aber eine Überraschung in Sachen Masterchief gibt es dann doch: "Die Halo: Masterchief Colletion" bringt alle bisherigen Haupt-Episoden der Serie (also Teil 1 bis 4) auf die Xbox One – mit knackscharfer HD-Grafik, launigem Fan-Service wie "Playlists" für die persönlichen Lieblings-Missionen und einem exklusiven Zugang zur Multiplayer-Beta von Teil 5. Der kommt allerdings erst nächstes Jahr.

Platz 20: PlayStation TV

Gerade mal 139 Dollar kostet der kleine schwarze Kasten, Dual-Shock-Controller und ein Spiel ("LEGO: The Movie") inklusive. Die Funktionsweise erinnert an "Apple TV", denn im Grunde schaufelt die Box nur Daten hin und her. Dazu gehören nicht nur Inhalte aus dem Netz (wie z.B. über PlayStation Now bereitgestellte PSOne- und PS2-Titel), sondern vor allem die Remote-Play-Funktionalität. Wer z.B. die PS4 im Wohnzimmer hat, der kann im Schlafzimmer PlayStation-TV an den HDTV stöpseln und die Spiele auf diese Weise auch in die Schlummerstube streamen – für den kleinen Betthupferl-Zock.

Das denken wir über die E3-Konferenzen von Sony, Microsoft und Nintendo

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NINTENDO: Action-Figuren gegen Grafik-Power

Während Sony und Microsoft sich die Grafik-Blockbuster um die Ohren ballern, um von den Performance-Pferdestärken ihrer neuen Systeme zu überzeugen, verlässt sich Nintendo einmal mehr auf die Macht seiner schlachterprobten Marken: Obwohl auf der E3 kein neues Mario-Spiel gezeigt wurde, so sind trotzdem ausnahmslos alte Bekannte am Drücker: "Yoshi's Woolly World" und "Captain Toad: Treasure Tracker" beschäftigen beide Helden aus dem bekannten Klemper-Clan – und beim "Mario Maker" handelt es sich zumindest indirekt um ein ein Mario-Jump'n'Run. Vermutlich würde es auch Marken-Pfleger Nintendo nicht schaden, hin und wieder mal eine ganz und gar neue Figur ins Rennen zu bringen – doch so lange die alten Haudegen noch funktionieren, scheint man keinen Handlungsbedarf zu sehen. Wer sich bisher allerdings darüber gewundert hat, dass der Konzern seine digitalen Promis nicht exzessiver über Kanäle jenseits des Spiele-Mediums einsetzt, der wird sich über Nintendos neuestes Projekt freuen: "Amiibo" gießt Helden wie Mario, Peach, Link und "Metroid"-Heldin Samus in Figuren-Form und lässt sie über das Gamepad direkt mit dem Spiel kommunizieren – ungefär so wie bei Activisions "Skylanders". Im Erfolgsfalle könnten die Figürchen der WiiU den Rücken stärken – doch auch als Plattform-übergreifendes Konzept dürfte "Amiibo" funktionieren. Denn Nintendo versteht sich nicht in erster Linie als Hardware-Hesteller, sondern als Spezialist für Spiele- bzw. Spielzeug-Marken. Die Taktik ist aber gleichzeitig ein Indiz dafür, dass man schon jetzt über WiiU hinaus denkt: Die Plattform ist vielleicht noch nicht völlig verloren, aber gegen Sony und Microsoft wird sie vermutlich keinen Stich mehr landen. Also investiert man in die Marken als übergreifendes Konzept, das nicht zwangsläufig auf ein System festgetackert ist. Obwohl diese Idee allein schwerlich das Zeug haben wird, WiiU doch noch zum Hit zu machen, ist sie – zumindest als firmenübergreifende Strategie – ein schlauer Schachzug. Trotzdem sollte Nintendo vielleicht mal wieder persönlich an der Messe partizipieren anstatt nur zuvor abgefilmte Präsentations-Videos zu liefern: Die sind zwar cool, sehen aber ein bisschen zu sehr nach "Kopf in den Sand stecken" aus.

 

 

 

 

SONY: Next-Gen pur

In den letzten Jahren stand Sonys US-Chef Jack Tretton auf der E3-Bühne, doch seitdem der altgediente PlayStation-Manager abgedankt hat, wirkt die Show deutlich unpersönlicher. Zum Glück war der Hersteller klug genug, Trettons beliebtes Gesicht nicht einfach durch ein anderes zu ersetzen – stattdessen hat man die Ansprache von PlayStation-Oberboss Andrew House auf das Nötigste reduziert und von "viel Blabla um nichts" fast vollständig auf Spiele-Präsentationen verlegt. Zahlen, Tabellen und Kuchendiagramme wie bei vergangenen E3-Präsentationen hat man der Menge zum Glück erspart.

Überraschend: Obwohl Sony nicht wesentlich mehr Games gezeigt hat als der direkte Konkurrenzu Microsoft, so sah es beim PlayStation-Hersteller nach einer donnernden Breiseite aus – während es von der Xbox-Front nur "Piff-Paff-Puff" ging. Das lag nicht nur am dramaturgisch klügeren Aufbau der Show, sondern vor allem an einer auf Core-Gamer gebürsteten Themenwahl: Marken wie "Little Big Planet" und "Uncharted" haben eine riesige Lobby – auch "Bloodborne" von "Dark Souls"-Mach From Software sorgte für Applaus (obwohl bisher keinerlei Gameplay zu sehen ist). Ähnliches auf Seiten der Drittanbieter-Spiele: "GTA 5", "Arkham Knight", "Mortal Kombat X" und Activisions Multiplayer-Brocken "Destiny" sind ausgesprochene Gamer-Themen. Und obwohl sie alle auch für Xbox One erscheinen, verstand Sony es einmal mehr, diese Titel wie "PlayStation Only"-Marken aussehen zu lassen – einer mitreißenden Präsentations-Taktik sei Dank. Auch gab es mehr Ingame-Material zu sehen als bei Microsoft: So wurde die viktorianische Steampunk-Monsterhatz "The Order 1886" zwar auf 2015 verschoben – doch der Zweikampf zwischen einem schnauzbärtigen Jäger und eine Art Werwolf hatte es in sich und sah definitiv mehr nach "Next-Gen" aus als z.B. Microsofts "Sunset Overdrive". Das Mantra "Es geht nur um die Spiele" kommt inzwischen etwas plump abgedroschen rüber, doch beim Publikum hat's sichtlich funktioniert: Sonys Pressekonferenz gilt vor allem deshalb als E3-Sieger, weil man auf genau das gesetzt hat, was die Spieler von der Next-Gen erwarten – fette Spiele mit fetter Grafik. Schade nur, dass die meisten dieser Titel noch eine ganze Weile auf sich warten lassen.

 

 

 

 

MICROSOFT: Wir haben verstanden!

Nach dem PR-Desaster auf der E3-Pressekonferenz 2013 saß die Angst vermutlich tief beim Xbox-Hersteller: Die Angst davor, sich schon wieder in die Nesseln zu setzen. Darum ist man diesmal auf Nummer Sicher gegangen und hat sich auch hier dem Sony-Konzept angenähert: Statt multimedialem Brimbamborium, Cloud-Geeiere und weichgespültem Feature-Gesabbele gab es diesmal ein Spiel nach dem anderen zu sehen. Xbox-One exklusive Titel wie "Phantom Dust" oder das "Monster Hunter"-ähnliche "Scalebound" von Platinum Games sollten das Engegament des Herstellers für das neue System zeigen – doch leider gab's hier viel zu häufig nur Render-Trailer über Spiele zu sehen, die irgendwann erscheinen. 2015 vielleicht. Das von Fans herbeigesehnte "Forza Horizon 2" wiederum erscheint nicht nur für die One, sondern auch für Xbox 360 – bei einem von Microsoft entwickelten Exklusivtitel unverständlich, denn der hätte das Potential, mehr Leute zum Xbox-One-Kauf zu motivieren. So aber könnte man die Entscheidung als Eingeständnis von Microsoft werden, sich die Xbox-360-Kunden auch weiterhin warm zu halten – für den Fall, dass das Geschäft mit 'der Neuen' nicht so schnell anzieht wie erhofft. Davon abgesehen hat sich der Hersteller für seine Show einige der größten Multiplattform-Marken gesichert: "Assassin's Creed Unity" als Next-Gen-Only-Titel war ganz klar der Start des Drittanbieter-Programms, doch auch "Dragon Age: Inquisition" und "The Witcher 3: Wild Hunt" machten eine gute Figur. Auf ein neues "Halo" mussten die Fans leider verzichten, doch als Trostpflaster gab's die Ankündigung (noch für dieses Jahr) der "Halo: Masterchief Edition". In der ballert sich der schwer gerüstete 'Spartaner' noch mal durch all seine bisherigen Xbox- bzw. Xbox-360-Abenteuer, reichlich Bonus-Material und ein Zugang zur "Halo 5"-Multiplayer-Beta inklusive. Aufregende Exklusiv-Entwicklungen blieb man der versammelten Menge allerdings schuldig: Insomniacs hyperaktive und hyper-vercoolte Ballerei "Sunset Overdrive" und das Multiplayer-RPG "Fable Legends" sind zwar nette Happen, aber kein Hauptgericht. Das gleiche gilt für den Weltenbaukasten "Project Spark" von Rare, der nach einer überlangen Beta-Phase jetzt endlich an den Start gehen soll: Der bietet eine überraschende Rückkehr von Jump'n'Run-Rüpel Conker – doch ein vollwertiges Spiel rund um das rotzfreche Eichhörnchen wäre den meisten dann doch lieber gewesen. Trotzdem: Microsoft hat immerhin bewiesen, dass man die Gamer-Kundschaft endlich wieder ernst nimmt – die Richtung stimmt also. 

 

 

Kritik: Murdered – Soul Suspect

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In den 80ern erlebten Spukgestalten im Kino eine humoristische Renaissance: Die schlacksigen "Ghostbusters" traten eine regelrechte Welle aus liebenswürdigen bis schusseligen Geistern los, die nicht in erster Linie das Fürchten, sondern vor allem das Lachen lehren sollten. Ende der 90er setzte dann Peter Jackson mit seinen "Frighteners" dem Sub-Genre des Spukfilms ein spätes, aber auch überraschend finsteres Denkmal. "Murdered: Soul Suspect" von US-Enwickler Airtight Games ("Quantum Conundrum") will offenbar Erinnerungen an diese Zeit wecken: Wie der Kino-Spuk der zitierten Ära ist auch "Soul Suspect"-Held Ronan O'Connor von einem blauen Lichtkranz umgeben, der ihn unmissverständlich als Geist kennzeichnet – außerdem hat er fast immer eine Zigarette zwischen den bzw. einen flotten Spruch AUF den Lippen. Dabei hätte der geisterhafte Held allen Grund, trübsinnig zu sein: Gleich zu Beginn des Spiels wird er von einem Serienmörder durch ein Dachgeschossfenster geschleudert – und ein paar Stockwerke weiter unten haucht er auf dem harten Asphalt sein Leben aus. Aber der unorthodoxe Detective, der früher selber mal Krimineller war, gibt nicht auf: Er will dem geheimnisvollen 'Glöckenmörder' unbedingt auf die Schliche kommen – darum ermittelt er jetzt als Gespenst weiter.

 

Und muss dabei prompt feststellen, dass er nicht der einzige Geist im Ort ist: Das kleine Städtchen Salem wird (wie so oft in Film, Fernsehen und Spielen) von allerlei spukigen Gestalten heimgesucht – darunter aber nicht nur die geselligen bis geschwätzigen Seelen von anderen kürzlich Verblichenen, sondern auch Phantome aus der Zeit des Bürgerkriegs sowie garstige Dämonen. Letztere wollen die Geister sogar fressen – darum geht man ihnen entweder großräumig aus dem Weg… oder aber man übertölpelt sie von hinten und saugt ihnen die Seelen-Energie aus. Zack, Bumm, Dämon kaputt. Ganz schön simpel dafür, dass sie sonst so gefährlich sind.

 

 

Obwohl Ronan mit den Lebenden nur indirekt interagieren kann, macht erst sich als jenseitiger Ermittler ziemlich gut. Kein Wunder, denn direkt nachzufragen – das kann sich der Spuk-Detective sparen. Stattdessen schlüpft er in den Körper des zu Befragenden. Hier liest er z.B. dessen Gedanken oder manipuliert den besetzten Denkapparat in eine bestimmte Richtung – je nachdem, welche Hinweise er vorher entdeckt hat. Allerdings gestaltet sich die Hinweissuche manchmal etwas kompliziert: Immerhin kann der tote Cop nichts anfassen oder heben. Wenn es darum geht, die diesseitige Welt zu begrabbeln, dann ist ein kurzer Poltergeist-Spuk an Kopierern, Ventilatoren oder Haushaltsgerät ist das Höchste der Gefühle.

Sollen dagegen ein paar Unterlagen auseinander gefrickelt oder Fotos gewendet werden, dann muss Ronan wieder in den Körper eines anderen fahren – und ihn gedanklich dazu motivieren, an seiner statt Hand anzulegen. Oder aber er schlüpft kurzerhand in eine Miezekatze – denn nur so kann er auch für Geister unpassierbare Stellen wie Höllen-Pforten oder von den Bewohnern gesegnete Gebäude-Fragmente überwinden.

 

Zum Glück hat der Gespenster-Ronan ein beachtliches Gedächtnis: Obwohl er sich nichts notieren kann, werden sämtliche Hinweise in seinem Profiler-Menü gespeichert – fein säuberlich nach Untersuchungen und Nebenmissions-Fällen gegliedert. Hat er in einer Sache schließlich genug Indizien zusammen, dann kramt er in der Hinweis-Sammlung und versucht, alle vermeintlichen Beweise und Gedanken-Fragmente in die richtige Reihenfolge zu bringen. Erst nach der Lösung des aktuellen Falls darf Ronan weiterspuken und der Entlarvung senes Mörders ein Stückchen näher kommen.

 

 

Obwohl Square Enix' "Soul Suspect" dem Ermittler-Genre erfreuliche Neu-Impulse gibt, ist das Endergebnis spürbar weniger rund als z.B. das ähnliche (wenn auch weniger gespenstische) "Sherlock Holmes": Die Menü-Struktur und Löse-Logik sind unnötig verkopft, außerdem wird das an sich hübsch illustrierte Salem von zu vielen teils unmittelbar benachbarten Figur-Klonen bewohnt. Das ist umso unverständlicher, da der Ort mehr als überschaubar geraten ist: Wer eine Open-World-Ortschaft erwartet, die er frei durchspuken darf, der wird enttäuscht. Noch unschöner ist dagegen das garstige Spielstands-System: Gespeichert wird nur automatisch – und das viel zu selten. Wer z.B. seit mehreren Stunden ein und den selben Fall beackert, ohne den finalen Hinweis zu finden, der muss wohl oder übel lange aufbleiben – oder aber in Kauf nehmen, im aktuellen Szenario jeden Pixel aufs Neue abzugrasen.

Wer mit diesen Mankos leben kann, der bekommt allerdings ein Profiler-Adventure, das sich erfreulich frisch und unverbraucht anfühlt und definitiv einen zweiten Blick wert ist.

 

(7.0 von 10 / "gut")

 

Airtight Games / Square Enix • ab sofort für PC, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4 • ca. 60 Euro • ab 16 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis

WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär

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